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Pas de café, pas de télé, pas de sexe

Der Senne jodelt Anarchie

Mit ein klein wenig Verspätung wächst nun auch in der schönen Schweiz eine 68er Generation heran. Nicht daß das Heidi nun Haschli rauchen täte. Dies ginge zu weit. Das Revoluzzertum beschränkt sich auf äußerst gepflegte Hausbesetzer, die Genfer Villen mit Kamin und Garten bevorzugen. Der Rebellischste unter ihnen trägt den Namen Maurizio und weiß seine Mitbewohner mit forschen Thesen zu schockieren: "Es ist egal, mit wem man schläft, man muß nur wissen, wen man liebt." Nach eigenem Gutdünken lebt er seit etlichen Jahren "komplikationslos" in einer Scheinehe. Zu dumm: seine neueste Pirschbeute stammt aus Frankreich und erhält so ohne weiteres keine Aufenthaltsgenehmigung. Deshalb soll der beste Freund als formaler Bräutigam einspringen, der freilich auch seine Grundsätze pflegt: Pas de café, pas de télé, pas de sexe. Im übrigen wüßte er gern noch, warum die beiden ausgerechnet in der schönen Schweiz heimisch werden wollen. Und nun beginnt das rhetorische Talent des Maurizio, des verkannten Rudi Dutschke, zu sprühen: "Äh...dieser revolutionäre Geist der Schweizer, die nicht in die EU wollen,...und weil es Geld hat." Das überzeugt. Das muß gefeiert werden, mit Müesli, Rüebli, Nüesslisalat. Man fragt sich zwar die ganze Zeit, welcher Beruf einen derart gesunden Lebenswandel finanziert, doch es darf reichen, daß Maurizio "wegen Platten nach Paris weg muß", dieweil sein bester Freund morgen einen "Mix" hat. Oder übermorgen.

Mit dem Thema Scheinehe könnte sich nun endlich so etwas wie ein Film entspinnen, die Sache ist auch hierzulande brisant und alles andere als "komplikationslos". Da geht es um (enttäuschte) Hoffnungen, um gegenseitige Abhängigkeiten, um möglichen Verrat und die Angst vor dem ganzen Auffliegen durch Bürokraten. Doch als der beste Freund der schönen Französin angesichtig wird, vergißt er kurzerhand seine Ricola-Bergpredigt, trinkt Kaffee und übt sich im gepflegten Sex. Maurizio wiederum ist platt wie eine ähnlich klingende blaue Briefmarke. Folgerichtig ergeben sich daraus WG-Konstellationen der banalsten Art, die zu ertragen nach dem schwedischen Erfolg !ZUSAMMEN! besonders schwer fällt. Und die Moral vom !Zammikomm!-Geschichtli: Es si alli zu nätt in der schönen Schweiz.

Originaltitel: PAS DE CAFE, PAS DE TELE, PAS DE SEXE

CH 1999, 87 min
Verleih: Neue Visionen

Genre: Drama

Darsteller: Vincent Coppey, Alexandra Tiedemann, Pietro Musillo

Regie: Romes Wyder

Kinostart: 26.07.01

[ Angela Rändel ]