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Passion

Erotik in Pantoffeln

Das Kino des Brian De Palma hat in seinen besten Momenten immer etwas Überreiztes und Überstilisiertes. Passend für Geschichten, die nicht selten vom Pathologischen erzählen. Hochglanzalpträume sind DRESSED TO KILL oder CARRIE, um zwei Meisterwerke zu nennen. Und die Virtuosität der Inszenierung in rein technischer Hinsicht ist bei De Palma oft und besonders in diesen Filmen atemberaubend. Unvergeßlich die Kamera, wie sie durch Raumfluchten eines Museums schwebend (DRESSED TO KILL) jenen Schwindel erzeugt, den schwankender, doppelter Boden hervorruft. Unvergeßlich die Plansequenz in CARRIE – durch den Ballsaal, zur Bühne, hinauf zur Decke, zu diesem Eimer voll Blut, der zum Auslöser für eines der berühmtesten Blutbäder der Filmgeschichte wird.

Da ist also einiges auf der Habenseite. Genug, um häufig Mißlungenes zu verzeihen. Und genug, um mit Neugier auf den jeweils neuen De Palma-Film zu warten. Zumal auf einen wie PASSION. Ein Erotikthriller, Remake des französischen LIEBE UND INTRIGEN von Alain Corneau, gedreht abseits von Hollywood als europäische Koproduktion vor Berliner Kulisse. Und mit einer Geschichte aufwartend, die plakativ genug ist, um sie mit spektakulär spekulativen Höhenflügen zu bebildern. Es geht, man kann es kurz machen, um zwei Frauen in einer renommierten PR-Firma. Ein blondes Gift in der Chefetage und ein kreatives Schneewittchen mit schönem Schwarzhaar, das mit tollen Ideen für Kampagnen dem neidvollen Blondchen ein Dorn im Auge ist. Dazu gesellt sich noch eine hübsche, lesbische Rothaarige, die ins Schwarzhaar verliebt ist, die fiesen Machenschaften von Blondie durchschaut, aber nicht verhindern kann, daß hier alles bald aus dem Ruder läuft. Hin zu Psychose und durchschnittener Kehle, zu Kameraschweben und Split-Screen-Spielereien, zu kunstgewerblichem Sex und Crime. Zur Mär über starke Obsessionen und starke Frauen in einem schwachen Film. Zur Femme-Fatale-Fantasie, der die Ferne zum puritanischen Amerika nichts nützt.

Hölzern agieren darin selbst Darsteller, die man sonst als versierte Schauspieler kennt, und entpuppt sich die Inszenierung als eine endlose Reihung lustloser Selbstzitate. Als wäre Brian De Palma seines eigenen Kinos müde, taumelt dieser Film nicht auf schwankend doppeltem Boden, sondern schlappt schläfrig in Puschen durch die Handlung. Nichts, was auf der Habenseite abzuheften ist.

Originaltitel: PASSION

F/D 2012, 105 min
FSK 16
Verleih: Ascot

Genre: Erotik, Thriller

Darsteller: Rachel McAdams, Noomi Rapace, Karoline Herfurth

Regie: Brian De Palma

Kinostart: 09.05.13

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.