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Porto

Die vielen Ansichten einer Liebesnacht

In der Kulisse der morbiden Stadt Porto entfaltet sich die Liebesgeschichte von Mati und Jake. Sie teilen eine Nacht, und wir erleben in drei Kapiteln ihre erste Begegnung und den Fortlauf dieses ausschlaggebenden Abends aus drei Blickwinkeln. Viel mehr gibt es erst einmal über den Inhalt nicht zu sagen, denn es ist vor allem die Form, die den Spielfilm zu einem außergewöhnlichen Kinoerlebnis macht und auf die Ebene des Experimentellen hebt.

Jim Jarmusch ist als Ausführender Produzent beteiligt und gibt dem Film auch als Inspirationsquelle für Regisseur Gabe Klinger seine unangepaßte Note. Der Wechsel zwischen den Filmformaten wird zum maßgeblichen und spannenden Element von PORTO, das ein Spiel zwischen Vergangenheit und Heute, Erinnerung und Wunsch verdeutlicht. Das breitere 35mm-Material zeigt die Begegnung der beiden Protagonisten, welche die kürzere Erzähl-, dabei aber meiste Filmzeit einnimmt, während die Super 8-Sequenzen, die die Bildfläche verkürzen, mehr Narration abdecken, aber nur kurz im Film auftauchen. Wie Flashbacks werden die Super 8-Aufnahmen zu Impressionen, was dem Liebespaar nach ihrer gemeinsamen Nacht passierte, und unterbrechen die eigentliche Handlung des Kennenlernens der Beiden. Die Szenen auf 35mm zeigen mitunter großartige Schwenks, die die zehn Minuten Drehzeit voll ausschöpfen und eine tolle Eindringlichkeit schaffen.

Es geht um den Zufall einer Begegnung und deren schicksalshafte Auswirkung auf die Charaktere, die wirken, als würden sie in der Zeit feststecken. Leider stören die schrecklichen Dialoge, die aus sinnentleerten und langatmigen Worthülsen voller Liebesschwüre und Bekenntnisse zum Schicksalsglauben bestehen. Wie schwere Klumpen fallen sie in den sonst gut rhythmisierten Schnitt und stören sowohl den Flow des Films, als auch die herrlich verworrene Stimmung. Was PORTO stark macht, sind die Fragen nach der Wahrnehmung einer Situation – an welche Momente erinnern wir uns in welcher Reihenfolge? So geraten wir mitten ins Spiel, bei jeder Szene neu zu überlegen, in welcher Zeitebene wir uns gerade befinden, in welcher Chronologie die Geschehnisse des Abends stattfanden und sich beeinflußten.

Schade, daß der Film an Reiz verliert, sobald er sich in den trägen Dialogen und bedeutungsschwangerer Klaviermusik verhaspelt und die Schärfe seiner besonderen Bildsprache und Montage verwischt.

Originaltitel: PORTO

USA/F/Portugal/Polen 2016, 75 min
FSK 6
Verleih: MFA

Genre: Drama, Liebe

Darsteller: Anton Yelchin, Lucie Lucas, Françoise Lebrun

Regie: Gabe Klinger

Kinostart: 14.09.17

[ Katharina Wittmann ]