Originaltitel: SHUTTER ISLAND

USA 2009, 138 min
FSK 16
Verleih: Concorde

Genre: Thriller, Drama, Literaturverfilmung

Darsteller: Leonardo DiCaprio, Mark Ruffalo, Ben Kingsley, Michelle Williams, Emily Mortimer, Max von Sydow, Patricia Clarkson

Regie: Martin Scorsese

Kinostart: 25.02.10

24 Bewertungen

Shutter Island

Scorseses Trip auf die Toteninsel

Geheimnisvoll und düster die Atmosphäre. Eine mythisch anmutende Fährüberfahrt. Der Protagonist kotzt sich die Seele aus dem Leib – die Seekrankheit ist nur vorgeschoben. Ziel ist die titelgebende Insel im Atlantik, wo sich eine Psychiatrie für gemeingefährliche Fälle befindet. 1954, der Zweite Weltkrieg liegt noch nicht zu lange zurück. Warum nur lernt der US-Marshal Teddy Daniels seinen Deputy erst auf der Fähre kennen? Zwei Detektive wie aus einen Film noir übrigens. Dazu gleich der erste von vielen endlosen Dialogen. Und da sehen wir die schroffen Klippen der Insel. Wie Arnold Böcklins Gemälde „Toteninsel.“ Das ist kein Zufall. Ein Trip durch die Film- und Kulturgeschichte beginnt.

Zunächst ist noch unklar, ob es ein Thriller oder ein Gruselfilm wird. Eine Patientin ist unter mysteriösen Umständen aus ihrer Zelle verschwunden. Doch bei den Ermittlungen stößt Daniels nur auf Widerstände. Unheilvolle Zeichen. Ein Hurrikan, der die Leitungen lahm legt und eine Rückfahrt verhindert. Ein verdächtig eloquenter Anstaltsleiter. Schließlich nimmt der Film seinen ganz eigenen Mittelweg, indem Daniels Traumata ins Zentrum rücken. Er träumt von Bergen erfrorener Leichen im Konzentrationslager Dachau. Und von seiner Frau, die einem Pyromanen zum Opfer fiel. Welcher, so erfahren wir in einem weiteren endlosen Dialog, sich ausgerechnet in dieser Anstalt befindet. Immer tiefer hinab in Daniels Gedankenwelt geht es, bis Außen- und Innenwelt verschmelzen. Wer ist hier eigentlich verrückt?

Scorsese inszeniert sorgfältig bis ins Detail. Doch er hat viel zu viel Symbolik und Bedeutung hineingelegt. Die Deutlichkeit der Rückblicke wirkt oft unfreiwillig komisch: „Ich habe im Krieg zu viele Menschen getötet.“ – „Ach, ist das etwa der Grund, warum Sie so viel trinken?“ Die Hauptdarsteller sind perfekt besetzt, fangen aber unweigerlich an, sich selbst zu zitieren. Dazu jede Menge prominent besetzte Nebenrollen. Warum Michelle Williams? Warum Patricia Clarkson? Auch hier wieder werden Gesichter zitiert. Ermüdend die geisterhaften Auftritte von Daniels toter Frau und die immer neuen traumartigen Verschachtelungen der Motive.

Selbst die Actionszenen entbehren jeglicher Sprengkraft und Überraschung. Das alles ist seltsam altmodisch. New Hollywood sieht jedenfalls anders aus.

[ Lars Meyer ] Im Zweifelsfall mag Lars lieber alte Filme. Seine persönlichen Klassiker: Filme von Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Woody Allen, Billy Wilder, Buster Keaton, Sergio Leone und diverse Western. Und zu den „Neuen“ gehören Filme von Kim Ki-Duk, Paul Thomas Anderson, Laurent Cantet, Ulrich Seidl, überhaupt Österreichisches und Skandinavisches, außerdem Dokfilme, die mit Bildern arbeiten statt mit Kommentaren. Filme zwischen den Genres. Und ganz viel mehr ...