D 2016, 122 min
FSK 0
Verleih: Neue Visionen

Genre: Dokumentation

Stab:
Regie: Karl-Martin Pold
Stimmen: Thomas Danneberg

Kinostart: 27.07.17

13 Bewertungen

Sie nannten ihn Spencer

Ein Mann, ein Bart, ein Dampfhammer

Der Teufel hat zwei linke Hände. Spätestens seit Gevatter Tod eine Figur von höheren Gnaden per Ableben vom Spielfeld holte, ist das gewiß. 2016 verabschiedete sich der gebürtige Neapolitaner Carlo Pedersoli, der als Bud Spencer Berühmtheit erlangte, von der Welt. Und diese Welt weint ihm Tränen nach – bittere, kuriose, ja solche, die vom zeitgenössischen Kinogeschehen kaum zu trocknen sind. Seit den 70er Jahren war er in zahllosen Beinahe-Meisterwerken der schlagfertige Bruder, den man nie hatte, der maulfaule Onkel, den man sich wünschte, das massige Phlegma, das jedem Angreifer seine aus der undefinierten Hüfte geschüttelte Doppelbackpfeife um die Ohren haute. Also: die abgekuschelte, heruntergeschmuste Sprüche-Klopf-Matte sämtlicher Kino- und Fernsehsonntagnachmittage der Kindheit.

Hier erfährt sie ein dokumentarisches Aufbrausen. Und zwar mit allem Schmackes, dessen das edel geknitterte Ausnahme-Genre zwischen Italowestern und internationalem Blödsinn, das wir ehrfürchtig „Bud-Spencer-Film“ taufen, fähig ist. Es gibt eins auf die Glocke! Es gibt – noch einmal – eins in die Fresse des ästhetischen Empfindens, von dem sich die mäkelige Kinokritik bis heute kaum erholt hat. Wir reden von einem der publikumsträchtigsten Leinwandphänomene, das sich – gegen die Filmhochkultur und jenseits aller kinematogeschmacklichen Finesse – als Kult etablierte. Karl-Martin Pold macht sich auf die Spuren dieser Heldenverehrung. Ohne Angst vor den humoristisch strittigen und erzählerisch fragwürdigen Kollateralschäden seines dokumentarischen Unterfangens. Und bleibt mit seinem Kinofilmdebüt auf wunderbare Weise im Bild: der Spät-Hippie- und New-Wave-Ära, der (heil-)losen narrativen Undisziplin, der Bananen- und Erdbeerfarben und der einsilbigen verbalen Replik.

Personaler Antrieb und bestimmende Staffage dieser Dokumentarreise ins Spencer-Hill-Universum sind zwei Besessene: der blonde Marcus Zölch und der blinde Jorgo Papasoglou, die den ins Gespräch verwickelten Kinostars der Zeit fast die Show stehlen. Ihnen gesellt sich ein Dritter hinzu, der mehr als nur eine Hintergrundrolle spielt. Genießen Sie den Hörauftritt von Thomas Danneberg, der seit Ewigkeiten Terence Hill seine deutsche Synchronstimme leiht und hier als hyperauthentischer Wort-Atmosphären-Maler unversehens zum eigentlichen filmischen Amüsierzentrum avanciert.

[ Sylvia Görke ]