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Silly – Frei von Angst

Kommt ein Rollkoffer gefahren …

Natürlich hat die Rockband Silly eine spannende Geschichte vorzuweisen! Fast 40 Jahre lang gibt es sie schon, zwei Systeme weit. Ritchie Barton, Uwe Hassbecker und Jäcki Reznicek zählten und zählen an ihren Instrumenten zu den großen Handwerkern der deutschen Populärmusik, die verstorbene Tamara Danz bleibt auf ihrem Gebiet eine uneingeholte Sängerin, viele Lieder von einst altern speziell über die Texte würdevoll. Kaum ein Fan von früher, der Silly den künstlerischen und kommerziellen Erfolg von heute nicht gönnen würde, auch wenn sie vom privaten Horizont verschwunden sein mögen. Silly spielten nie für Stehenbleiber. Warum also kein abendfüllender Film über sie im Kino? Und spannend wäre schön!

„Einst“, „früher“, „bleiben“ – da sind sie schon, die schwierigen Worte, der sich eine Dokumentation stellen muß, will sie wirklich Geschichte abbilden. SILLY – FREI VON ANGST will es nicht, scheitert und obsiegt deshalb gleichzeitig, je nach Grad des Blickwinkels. Als griffiges Porträt einer Band, die im Grunde zwei Leben hat, ist Sven Halfars Werk zwar lang, aber zu schwach. Als aktuelles Fanprojekt ist es akzeptabel. Zu spüren ist, daß alle Beteiligten um den Fokus gerungen haben. Daß es hätte ein aufwendig produzierter aktueller Konzertmitschnitt mit Backstage-Szenen werden können (und vielleicht besser sollen).

Daß für Umfassenderes vor allem das gesprochene Wort nicht genügt. Da zudem die Montage eher irrlichtert als schlüssig ist, verstärkt sie den Eindruck der Unentschlossenheit. Hier wird die detailgetreue Kenntnis wichtiger Bandstationen oder Namen vorausgesetzt, dort tauchen minutenlang und in Schleife gesetzt Alltagssprüche neben Anekdoten auf, werden Songs ohne Motivation zerpflückt. Dafür, daß ein kompletter Auftritt in soundtechnisch hoher Qualität aufgezeichnet wurde, ist viel zu wenig ausgespielte Musik drin.

Deutschland, 2016: Silly haben Oberwasser, ihre Platte „Wutfänger“ verkauft sich wieder ordentlich, die Live-Tour läuft. Sängerin Anna Loos ist längst nicht mehr „die Neue“, erst gegen Ende wird sie vehement davon sprechen, daß es nur ums Heute geht und Vergleiche mit Tamara Danz eher die Vergleichenden treffen als sie. Üppigen Raum bekommen fahrende Rollkoffer, Szenen im und über den Nightliner, Proben, Studio, Nettigkeiten, Nickligkeiten. „Authentisch“ heißt das gern. Ist es ja auch, aber eben nur zu Teilen.

D 2017, 113 min
FSK 0
Verleih: Arsenal

Genre: Dokumentation, Musik

Regie: Sven Halfar

Kinostart: 16.11.17

[ Andreas Körner ]