D 2025, 122 min
Verleih: Neue Visionen
Genre: Drama
Darsteller: Dana Herfurth, Luna Jordan, Jakob Geßner
Regie: Hille Norden
Kinostart: 15.01.26
Mit dem Sex ist es so eine Sache. Neben dem Spaß birgt er Risiken. Und so erfüllend er oft scheint oder sein kann, überdeckt er doch ebenfalls recht oft nur eine zehrende innere Leere. Einen Abgrund, in den man nicht schauen will oder kann. Nore mag Sex. Muß ja so sein, denn Nore hat echt viel davon. Tagtäglich, Nacht für Nacht, mit wechselnden Partnern. Um es mit den Worten ihrer Freundin Jonna zu sagen: „Es gibt halt so Frauen wie Nore. Manche ficken viel, manche ficken wenig.“ Und Nore fickt eben viel. Sehr viel. Und davon sieht man dann auch viel in Hille Nordens SMALLTOWN GIRL. Ein Film über Sex, der zum Trauma wurde. Und über den vergeblichen Versuch, dieses Trauma vergessen zu machen, es in Schach zu halten, in den Griff zu bekommen. Und das ausgerechnet mit Sex.
So etwas kann natürlich nicht klappen. Warum nicht, zeigt SMALLTOWN GIRL in einer Form, die der Drastik – oder genauer: dem Bedürfnis nach dieser – ebenso frönt wie einer Neigung zum Artifiziellen, zur symbolischen Überhöhung auch. Da gibt es dann etwa Anspielungsreiches wie die Szene einer Fußwaschung (Maria Magdalena grüßt), rücken Häkel-Herzen ins Bild und erklingen Sätze wie dieser: „Du kannst Dir den Tränenschleier von Deinen entzückenden Augäpfeln abziehen, sonst benutz ich die als Aschenbecher.“
Die Frage nun, ob hier nur eine Figur des Films – Nore in dem Fall – so nervig gespreizt daherredet, weil diese Gespreiztheit einer ihrer Charakterzüge ist, oder ob dem Film selbst diese Gespreiztheit, ein Zug ins nervig Prätentiöse anhaftet, ist dabei gar nicht so leicht zu beantworten, wie man vielleicht glauben mag. SMALLTOWN GIRL bietet fraglos einiges an Gepose und Geschwätz samt einer inflationär die Szenen überkleisternden Musik. Aber es gibt eben auch intensive Momente einer einnehmenden Offenheit, einer ruppigen Zartheit und auch einer Wut, die sich einzustellen beginnt, wenn man nach und nach begreift, wie seelisch kaputt Nore ist. Und vor allem: warum sie es ist. Und wie lange schon.
Denn was dieser Film begreiflich machen will, ist etwas, was man nicht nur, aber gerade Männern leider immer noch und immer wieder begreiflich machen muß. Und es ist diese Dringlichkeit, die in SMALLTOWN GIRL geradezu zittert. Vor Wut, wohlgemerkt. Bei allen Schwächen ist das eine entscheidende Stärke.
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.