D 2018, 96 min
FSK 6
Verleih: Eksystent

Genre: Dokumentation

Regie: Lola Randl

Kinostart: 09.05.19

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Von Bienen und Blumen

Bullerbü für Große

Ein modernes, kulturinteressiertes Paar aus der Großstadt zieht aufs Land. Mit dieser Nachricht beginnt Regisseurin Lola Randl ihren quasi experimentellen Dokumentarfilm, und im ersten Moment schnellt diese Angst vor einer neuen Selbstbeweihräucherung der Gutsituierten hoch, also jenen Hipstern, die das Leben in den Städten derart mitgestaltet haben, daß sie dem jetzt selbst entfliehen. Und ein bißchen ist es dann auch so – und auch wieder nicht. Denn bei Filmemacherin Randl merkt man gleich, daß sie ihr Sujet nicht allzu ernst nimmt.

Eine junge Frau sitzt mit einem Apple-Computer in einer chaotischen Werkstatt und tippt pseudo-wissenschaftliche Gedanken: „Sinnsuche des postkapitalistischen Individuums am Beispiel des Aufbaus einer alten Gärtnerei.“ Diese Metaebene mäandert durch den Film und nimmt eben jene Freiwilligen, die hier zu Scharen aufschlagen, um ein verwildertes Stück Land zu kultivieren, ins Visier und auf die Schippe. „Die ahnungslosen Städter formieren sich in Gruppen und generieren arbeitsähnliche Situationen.“ Da gibt es die Feuergruppe, die Datengruppe und den Kompostbeauftragten. Wer die urbanen, namenlosen Helfer, die die Beete anlegen und die Schafe füttern, sind und was sie genau suchen, spielt erst mal keine Rolle.

Die teils witzigen Dialoge werden von herrlich subjektiven Kamerabildern getragen, die sich ausschließlich auf die Romantik des Landlebens konzentrieren und eine Art Bullerbü für Große etablieren. Ihre Interviewpartner sucht Randl entweder direkt mit nackten Beinen und offenen Haaren im Beet auf oder setzt sie vor bunte Wände, um sie von der körperlichen Anstrengung des Landlebens berichten zu lassen. Schön sind die Szenen mit den schrulligen Ureinwohnern der Uckermark, die lieber Döner als Bratwurst essen, und die den Zugezogenen mit Neugier und Sympathie begegnen.

Randl hat einen kurzweiligen Film geschaffen, der die Landlust amüsant in Szene setzt. Da geht nichts in die Tiefe, und sie kommt aus dem eigenen Saft und den Gedanken der Gutsituierten nicht raus. Ob das Projekt am Ende gelingt oder scheitert, davon ist nicht die Rede, was nichts daran ändert, daß es Spaß macht, diesem sinnsuchenden Tatendrang beizuwohnen, der fast ansteckend wirkt, egal, ob das selbstgeschlachtete Tier im Suppentopf da das richtige für einen persönlich wäre.

[ Claudia Euen ]