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WinneToons – Die Legende vom Schatz im Silbersee

Zeichentrick auf den Spuren Karl Mays

Nach dem Tod des Vaters, von dem er eine geheimnisvolle Schatzkarte geerbt hat, macht sich der kleine Bobby mit seinem besten Freund, der Ratte Winchester, von New York auf in den Wilden Westen. Dort wollen Winnetou und Old Shatterhand dem finsteren Colonel Brinkley und seinen Kumpanen gerade das Handwerk legen. Als ausgerechnet der Zug mit dem anreisenden Bobby überfallen wird, nimmt dessen bisheriges Abenteuer eine turbulente Wendung. Plötzlich allein in der Prärie, macht er zunächst Bekanntschaft mit einem hungrigen Bären und dann mit seiner Retterin Nscho-tschi, Winnetous Schwester. Mit Letzterer gerät er in die Fänge der Banditen, die von der Karte erfahren haben und Bobby nun zwingen, sie zum Schatz im Silbersee zu führen. Zum Glück sind Winnetou und Old Shatterhand ihnen dicht auf den Fersen.

Die Figuren aus dem Karl-May-Universum haben hier ein frei erfundenes Abenteuer zu bestehen, und die Inszenierung zitiert mit nicht wenigen Szenen die Klassiker des Westerns. In jeder anderen Hinsicht sind die WINNETOONS ganz und gar Kino für kleine Menschen, die Pierre Brice und Lex Barker in den legendären Verfilmungen verpaßt haben und somit angesichts der Trick-Figuren nicht in Melancholie verfallen müssen. Der präzise Figurenstil (mit einigen Anime-Anleihen), bei dem die starken Charaktere – ob gut oder böse – durch einen markanten Kiefer auffallen, wird ihnen vertraut sein, und auch ein Indianermädchen, das wie Pocahontas aussieht, dürfte fraglos Akzeptanz finden. Erkennbar ist die zeichnerische Sorgfalt beim Aufbau, bei Ausstattungsdetails und der wechselnden Farbgebung der Szenen. Die Bilder sind dabei nicht überladen, lassen aber zuweilen eine atmosphärische Stimmung missen. Das hohe erzählerische Tempo, mit dem dieses Abenteuer auf sein Finale zusteuert und die Animation nicht ganz Schritt halten kann, dürfte die jüngsten Zuschauer jedoch von dem einen oder anderen Manko ablenken.

Der kleine Bobby schließlich darf sich vom verspotteten New Yorker Waisenkind zum selbstsicheren Jungen mit Wildwest-Erfahrung mausern, Winnetous Schwester wird dagegen eine altbackene Wandlung zugeschrieben: Zunächst möchte Nscho-tschi gegen allen Widerstand des Bruders eine große Jägerin werden, kehrt am Ende aber recht einsichtig zu den Kochtöpfen zurück. Daß Sam Hawkens wie in DER ÖLPRINZ zum Sachsen mutiert, bleibt dazu unerklärlich und wird, da er auch hier als eine tragende Identifikations- und Witzfigur angelegt ist, den meisten jungen Zuschauern Verständnisschwierigkeiten bescheren.

D 2009, 80 min
FSK 6
Verleih: Farbfilm

Genre: Zeichentrick, Abenteuer, Kinderfilm

Stab:
Regie: Gert Ludewig
Stimmen: Christian Tramitz, Cosma Shiva Hagen, Thomas Frits

Kinostart: 16.04.09

[ Jane Wegewitz ] Für Jane ist das Kino ein Ort der Ideen, ein Haus der Filmkunst, die in „Licht-Schrift“ von solchen schreibt. Früh lehrten sie dies Arbeiten von Georges Méliès, Friedrich W. Murnau, Marcel Duchamp und Man Ray, Henri-Georges Clouzot, Jean-Luc Godard, Sidney Lumet, Andrei A. Tarkowski, Ingmar Bergman, Sergio Leone, Rainer W. Fassbinder, Margarethe v. Trotta, Aki Kaurismäki und Helke Misselwitz. Letzte nachhaltige Kinoerlebnisse verdankt Jane Gus Van Sant, Jim Jarmusch, Jeff Nichols, Ulrich Seidl, James Benning, Béla Tarr, Volker Koepp, Hubert Sauper, Nikolaus Geyrhalter, Thierry Michel, Christian Petzold und Kim Ki-duk.