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Wüstenblume

Glitzernd-tränenrührige Adaption einer mutigen Autobiographie

Die Geschichte von Waris Diries gehört zu den meistgelesenen der Gegenwart. In dem autobiographischen Roman „Wüstenblume“ erzählt sie von ihrem Weg vom somalischen Nomadenmädchen zum internationalen Topmodel und davon, daß sie auf dem Höhepunkt ihrer Karriere ein Geheimnis enthüllt: Als Kind wurde sie Opfer der grausamen Tradition der Genitalverstümmelung. Diese Veröffentlichung blieb nicht ohne Folgen, sie löste weltweit eine Welle des Mitgefühls und Protests aus, und Waris Diries selbst hat sich fortan dem Kampf gegen dieses Ritual verschrieben. Doch das ist eine andere Geschichte.

Vorliegender gleichnamiger Film adaptiert die Autobiographie, und wenngleich er sich als Plädoyer gegen die Frauenbeschneidung versteht, lenkt er den Fokus doch kaum verholen auf das Märchenhafte im Schicksal einer mutigen Frau. Das archaische Leben der Nomaden wird dabei zum Glamourösen des Jetsets in eine Beziehung gesetzt, die reichlich mit Klischees hantiert, gut und böse, richtig und falsch leicht zu unterscheiden macht. Den 120 Filmminuten mangelt es freilich nicht an Stoff, dies zu kaschieren, und die aufwendige Inszenierung treibt die Hauptfigur und mit ihr den Zuschauer – so als müsse ein Pensum eben unbedingt absolviert werden – zügig von einem Plotpoint zum nächsten, wobei Rückblenden der flotten Stringenz eher beispringen, als das Tempo zu mindern.

Das Problematische dieses Lebensweges, die Widrigkeiten gerade auch in Europa, zählt der Film auf, aber es bleibt auch hier keine Zeit, sie zu verhandeln, sie bleiben Illustration. Immerhin darf das Talent einiger Darsteller aufblitzen. So gibt Juliet Stevenson als Agentin eine unterhaltsame Zicke, und die quirlige Sally Hawkins peppt die Szenen mit Liya ­Kebede in der Rolle der Waris gehörig auf.

Sieht man von dem oberflächlichen Chic der Inszenierung ab, bleibt eine ambitioniert-unterhaltende Aschenputtel-Geschichte mit unanfechtbar wichtiger Botschaft, die wenig nachdenklich und vielleicht betroffen macht, ganz sicher aber zu Tränen rühren will – im Format der ganz großen Leinwand.

D/Österreich/F 2009, 120 min
FSK 12
Verleih: Majestic

Genre: Biographie, Drama, Literaturverfilmung

Darsteller: Liya Kebede, Sally Hawkin, Juliet Stevenson

Regie: Sherry Hormann

Kinostart: 24.09.09

[ Jane Wegewitz ] Für Jane ist das Kino ein Ort der Ideen, ein Haus der Filmkunst, die in „Licht-Schrift“ von solchen schreibt. Früh lehrten sie dies Arbeiten von Georges Méliès, Friedrich W. Murnau, Marcel Duchamp und Man Ray, Henri-Georges Clouzot, Jean-Luc Godard, Sidney Lumet, Andrei A. Tarkowski, Ingmar Bergman, Sergio Leone, Rainer W. Fassbinder, Margarethe v. Trotta, Aki Kaurismäki und Helke Misselwitz. Letzte nachhaltige Kinoerlebnisse verdankt Jane Gus Van Sant, Jim Jarmusch, Jeff Nichols, Ulrich Seidl, James Benning, Béla Tarr, Volker Koepp, Hubert Sauper, Nikolaus Geyrhalter, Thierry Michel, Christian Petzold und Kim Ki-duk.