Bild: CLIMAX

18. Filmkunstmesse

17.09.–21.09.2018

Cineplex, Kinobar Prager Frühling, Passage, Schauburg

www.filmkunstmesse.de

Die Ärmel hochkrempeln fürs Kino

Ein Blick auf die 18. Filmkunstmesse

Im Vergleich zu früheren Filmkunstmesse-Pressekonferenzen herrschte auf der zur aktuellen Ausgabe gedämpftere Stimmung. Zwar begegnete die größte deutschsprachige Plattform fürs Arthouse-Segment stets unerschrocken neuen Herausforderungen, doch so geradeaus bilanziert wie von Felix Bruder, Geschäftsführer der AG Kino, wurde wohl nie: „2018 ist sicherlich kein Rekordjahr für die Kinos.“ Klar, WM und Wetter spielen da sehr rein, stellen allerdings nicht alleinige, schnell optimistisch abgehakte Gründe, die Branche sieht einem Umbruch entgegen. Und sie tritt auch (oder gerade) anno 2018 zur kritischen Kommunikation an.

Vielfältige Fragen stehen auf der Agenda, darunter: Was kann junge Menschen, die Kino grundsätzlich toll finden, indes zu selten hingehen, erreichen, läßt sich das Lichtspielhaus zum „Kompetenzzentrum für Medienerfahrung und -bildung“ (Bruder) umgestalten? Unter Beachtung verantwortungsvollen Umgangs mit Daten greifende Kundenbindungsmaßnahmen umsetzen? Lokales Marketing besser an Zielgruppen bringen? „Das Kino“ als Begriff stärker in sozialen Medien verankern? Eine bislang einzigartige Zahl an Workshops sowie Seminaren möchte Fachbesucher zu diesen und anderen Themen vernetzen, den Austausch fördern. Eigentlich hinter den Kulissen, wer aber mal reinschnuppern mag, darf dies beim öffentlichen Filmpolitischen Panel „David gegen Goliath? Kino vs. Internet-Giganten“ – zu Gast und sicher höchst motivierte Diskussionsteilnehmerin ist hier beispielsweise 3 TAGE IN QUIBERON-Regisseurin Emily Atef.

Bei Redaktionsschluß stand nicht fest, welche der über 30 öffentlichen Previews ebenfalls in Anwesenheit Filmschaffender stattfinden. An der Hochwertigkeit des Programms ändert’s natürlich gar nichts, schon die drei Eröffnungsfilme sprechen eine starke Sprache: In der Kinobar Prager Frühling begleitet BLUE MY MIND die Teenagerin Mia, die wirklich alles für Zugehörigkeitsgefühle tut – und plötzlich mysteriöse körperliche Veränderungen bemerkt. SHOPLIFTERS, den würdigen Gewinner der diesjährigen Goldenen Palme, präsentiert hingegen die Passage. Das tiefenwirksame Drama folgt einer zusammengewürfelten Gruppe Menschen, die einander zur Familie erklärt haben. Parallel dazu entscheidet die Schauburg: AB HEUTE SIND WIR EHRLICH. Die daheim frenetisch gefeierte italienische Satire zeigt mögliche Folgen von Protestwahlen auf.

Weitere Highlights kurz angerissen: Im Rahmen des Midnight Special treibt uns Gaspar Noé inklusive – selbstverständlich – Drogen, Sex und Gewalt zum CLIMAX. EINE FAMILIE-Regisseurin Pernille Fischer Christensen porträtiert im schlicht ASTRID benannten Biopic die jugendliche Kinderbuchlegende Astrid Lindgren. Eva Trobischs ALLES IST GUT, die Geschichte einer verschwiegenen Vergewaltigung, erhielt bereits auf Festivals reichlich Aufmerksamkeit. Nick Hornby lieferte die Vorlage des romantischen Zoffs JULIET, NAKED. Und es lohnt definitiv herauszufinden, was DIE UNGLAUBLICHE REISE DES FAKIRS, DER IN EINEM KLEIDERSCHRANK FESTSTECKTE an Sehenswürdigkeiten auffährt – neben der bezaubernden Bérénice Bejo …

Das bekanntlich sowieso kinderfreundliche Cineplex übernimmt erneut die schöne Aufgabe, den Kleineren an zwei Tagen Spaß und Spannung zu bieten. Jugendjury- und Publikumspreisverleihung, finales Best Of oder Vorfilmtest sind darüber hinaus ja eh unverrückbar gesetzte Größen. Bleibt bloß auf Zuschauerseite, das wie immer breitgefächerte Angebot aktiv zu nutzen …

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...