Jesus’ Son

Sein ganzes Leben ein Griff ins Klo. Überall wo FH - was für den wenig schmeichelhaften Namen Fuckhead steht - auftaucht, gibt es Streß. Meist zu seinen Ungunsten. Gerade hat er Michelle kennengelernt, ein aufreizendes, sensibles Mädchen, schon knutscht er wild mit ihr herum. Ganz klar, daß Michelles Lover McInnes bald die Szene betritt. Der kleine Funken Hoffnung auf Liebe und Bestätigung erlischt schon vor dem eigentlichen Glühen. Doch FH und Michelle werden sich wiedersehen. Daß ihr Glück von Beginn an unter keinem guten Stern steht, wird schnell klar: FH schluckt ordentlich kleine, bunte Pillchen, und Michelle hat die Nadel am Arm. McInnes kommt in einer grotesken Szenerie ums Leben, die Zeichen stehen auf Lindgrün für das chaotische Paar. Erstmal Urlaub machen...

Natürlich wird sich gezofft, getrennt, das Leben gerettet, und immer wieder versucht FH, seine Existenz in die Stabile zu zwingen. Ein Job in der Notaufnahme, ein neuer, anarchistischer Freund, Michelle wird schwanger und will das Kind nicht, weshalb FH ziemlich austickt. Ganz den Boden unter den Füßen scheint ihm der Drogentod seines Mädchens wegzuziehen. Er kommt in eine Anstalt, wird entlassen und findet Arbeit in einem Pflegeheim. Und auf einmal ist da echtes Licht am Ende des Tunnels...

Ohne Schmus, ohne billige Larmoyanz erzählt Regisseurin Alison Maclean ihre Version von der Parabel des verlorenen Sohnes. Das ewige Straucheln ihres traurigen Helden inszeniert sie als Ungeschick eines vom Leben überraschten Welpen. FH muß einfach irgendwie klar kommen, er ist zu neugierig, um jung zu sterben. Diese unbewußte Angst, auf der Strecke zu bleiben, bebildert Maclean geschickt mit FHs manischer Suche nach Verantwortung. Er will das Baby, ohne zu wissen, wie es zu ernähren sei; er will den Job im Krankenhaus, wobei keinem Patienten bei diesem konfusen Menschen der Notfall zu wünschen ist. JESUS’ SON besticht vor allem durch schmerzende Wahrheit. Hier warten eben keine Eltern mit tränenerstickter Stimme und großherziger Geste auf die Heimkehr des abtrünnigen Jungen. Hier gibt es den Hort Familie nicht, zumindest nicht als sozio-biologische Instanz. Diese Nüchternheit und die Aufrichtigkeit im Wirrwarr der Illusionen machen diesen Film zum Ausnahmekino. Als FH die Arbeit mit den Behinderten aufnimmt, sagt einer der Patienten mit brüchiger Stimme: "There’s a prize to be paid for dreaming." Recht hat er!

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.

Originaltitel: JESUS’ SON

USA 2000, 110 min
Label: Kinowelt HE

Genre: Drama, Schräg

Darsteller: Billy Crudup, Samantha Morton, Dennis Hopper, Holly Hunter

Regie: Alison Maclean