Originaltitel: TE ESTOY AMANDO LOCAMENTE
Spanien 2023, 106 min
Label: Pro Fun
Genre: Drama, Schwul-Lesbisch
Darsteller: Omar Banana, Ana Wagener, Alex de la Croix
Regie: Alejandro Marín
Man mag es sich kaum vorstellen, aber in Spanien war tatsächlich bis Mitte der 70er-Jahre der Faschist Franco an der Macht. Mitten in Europa. Und es dauerte nach dessen Tod 1975 noch einmal zwei Jahre, bis es eine stabile, demokratisch gewählte Regierung gab, und noch mal länger, bis eine neue Verfassung geschrieben wurde. Und während in Madrid die schrille Movida madrileña, der auch ein gewisser Pedro Almodóvar angehörte, aus dem Untergrund heraus die neue Freiheit in aller Exaltiertheit und sexy Hedonismus auslebte, ging es dennoch weiterhin restriktiv zu, Francos Polizeigarde knüppelte noch immer gegen offen ausgelebte, jedoch bis 1979 verbotene Homosexualität.
Von dieser Zeit der Schwebe, des Übergangs und der aufkommenden Blüte der (Drag-)Kultur erzählt dieser grundsympathische Film anhand des Befreiungsschlags des jungen Miguel, der zum Stolz seiner Mama als Erster in der Familie studieren soll, sich selbst aber doch eher auf den Travestiebühnen in Sevilla sieht. Es dauert nicht lange, bis der hübsche Junge bei einer der noch üblichen Razzien festgenommen wird. Dieser heftige Einschnitt wird seiner Mutter die Augen öffnen, aus einer leicht reaktionären Person wird eine echte Kämpferin ...
Das ist schon berührend erzählt, keine Frage, Omar Banana und Ana Wagener sind ein leidenschaftliches Mutter-Sohn-Gespann, störend hingegen ist, daß der aktuelle und per se etwas aggressiv-diverse LGTB-usw.-Zeitgeist der Geschichte seinen Stempel aufdrückt, was sich historisch und zwangsläufig auch dramaturgisch falsch anfühlt. Überzeugend bleibt der Film aber, wenn er von hilfloser Scham und brennender Wut, von privater Angst und staatlicher Willkür, von feigem Nachbarschaftsgetuschel und ziviler Courage erzählt. Lustig ist dabei, daß die Mutter tatsächlich vom Schwulsein ihres Knaben so gar nichts ahnte, allein den Mari-Trini-Postern im Zimmer Miguels muß sie mit purer Blindheit begegnet sein.
[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.