Originaltitel: A ROYAL NIGHT OUT

GB 2015, 97 min
FSK 6
Verleih: Concorde

Genre: Historie, Komödie

Darsteller: Sarah Gadon, Bel Powley, Jack Reynor, Rupert Everett, Emily Watson

Regie: Julian Jarrold

Kinostart: 01.10.15

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A Royal Night

Zwischen Buckingham Palast und Freudenhaus

Julian Jarrold versteht sich seit Jahren aufs historische Kino, er hat ihn einfach, diesen akribischen Blick für satte Ausstattung, das richtige Händchen für pointierten Humor, augenzwinkernde Frechheit und – entgegen einer nicht seltenen Meinung, was die Angestaubtheit von „Kostümfilmen“ im weitesten Sinne anbelangt – für beachtliches Tempo. Kurzum für feine Unterhaltung, die auch A ROYAL NIGHT beschert.

Es ist pures Vergnügen, wenn Jarrold eine überlieferte Anekdote aus dem englischen Königshaus zu einem schmissigen Boulevardstück ausbaut. Eben jene Anekdote, nach der die Königstöchter Elizabeth und Margaret den Buckingham Palast verließen, um tanzend den V.E.-Day, den Tag der Befreiung und deutschen Kapitulation, zu feiern. Standesgemäßes Vergnügen war angesagt, man traf sich im Ritz und kehrte züchtig zurück. Jarrold aber spinnt diese Begebenheit zum Vergnügen des Publikums weiter.

In der Tat läßt er die Töchter Lizzy und Mags vom König George VI. – genau, der Stotterkönig aus KING’S SPEECH – in die Londoner Wirren der Nacht vom 8. Mai 1945 stürmen. Der Antrieb der jungen Frauen ist ein verständlicher: Sie sind es leid, nach sechs Kriegsjahren im königlichen Palast zu verharren, die Furcht vor einem Leben im Mausoleum bestimmt ihren Freiheitswillen. Dabei sind die beiden grundverschieden: Lizzy ist die bedachtsamere, die klügere, wohl auch die sittsamere, hingegen Mags mit großen Kulleraugen, einem ständigen Kribbeln im Bauch und einer gehörigen Naivität polternder daherkommt. Und da wir in einer flott erzählten Komödie sind, kann man 1 und 1 zusammenzählen und geradewegs darauf warten, daß die Mädels den von der Mutter beauftragten Aufpassern entkommen und schließlich in gänzlich verschiedenen Bussen durch das Chaos einer rauschhaften, wild feiernden Metropole kurven. Inkognito, klar, aber selbst das an sich ist schon ein herrlicher Witz, wenn man die saubercremigen Gesichter, die gepflegte Kleidung und das im letzten Moment weggelassene Diadem bedenkt.

Der Witz des Films speist sich natürlich aus der Konfrontation der zukünftigen Königin Elizabeth und deren Schwester mit ganz normalen jubelnden Menschen, schweren Ganoven und leichten Mädchen, mit Trinkern und Glücksrittern. Der Kontakt mit dem Geruch der Gosse und verrauchten Kneipen ist mit bestens getimtem Witz erzählt. Die Wirren einer Nacht werden aus zwei vorerst gackernden Hühnern zwei junge Frauen machen, die sich ein bißchen oder auch ein bißchen mehr in Deserteure verlieben, königshauskritische Luft schnuppern, die in manch’ brenzlige Situation geraten, sich vor aufdringlichen Gönnern in Sicherheit bringen müssen, vor kratzbürstigen Dirnen sowieso, und die sich die Säume der Kleider in Unterweltpfützen beschmutzen. Im Eifer des Gefechts geschieht es schon mal, daß eine Prinzessin schwungvoll auf kolumbianische Kaffeesäcke geschmissen wird ...

Ein schöner Lacher ist auch diese Schule des Lebens, nach welcher die Blaublüter sich öfter wundern, ob das auf den Straßen Gesprochene eben noch Englisch war. Der perfekte Takt, der subtile und manchmal frivole Witz spiegeln sich auch in der Spielfreude der noch jungen, noch recht unbekannten Hauptdarstellerinnen wieder, wogegen Emily Watson ganz fabelhaft das recht strenge Königsweib gibt, und Rupert Everett als der erwähnte König seit langem mal wieder in einer markanten, sehr schön auch gegen den Strich besetzten Rolle zu erleben ist. Eine Träne im Knopfloch indes bleibt, wenn man den einstigen Beau Everett nun derart wiederentdeckt: Schönheit scheint wohl doch vergänglich ...

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.