Originaltitel: LES CADEAUX
F 2024, 94 min
Verleih: Neue Visionen
Genre: Tragikomödie
Darsteller: Camille Lellouche, Chantal Lauby, Gérard Darmon, Mélanie Doutey, Vanessa Guide
Regie: Raphaële Moussafir
Kinostart: 13.11.25
Manche Leute kommen um die Adventszeit ja bloß noch sporadisch aus der Bude, es wird bis zur schieren Erschöpfung gebacken, geschmückt und gebastelt. Nur das Beste für die spätestens am 2. Feiertag erwarteten Nahestehenden, welche dann darin konkurrieren, Louise Otto-Peters’ gern als solchen genommenen Kalenderspruch „Die Liebe soll die Welt regieren und Weihnacht zeigt, daß sie’s vermag“ aufs Level eines Bonmots purer Wahrheit zu hieven. Eher pflichtschuldig oder tatsächlich gefühlt. Und was machen mittendrin all jene, die niemanden zum echten Lieben haben? Nie hatten? Diesen speziellen Gegenpart verloren? Oder ihn nicht mehr finden können im übern Lebens(ver)lauf wuchernden, perfekt gepflegten Neurosengarten? Gute Miene zum verordneten Spiel. Wie Charlotte.
Berufen wir die junge Frau besserer Übersicht wegen zum Filmzentrum. Sie hat an Weihnachten Geburtstag und führt ein Singledasein; weil’s wahnsinnig erheitert, spendieren befreundete Kollegen Sexspielzeug oder einen Stripper. Prust! Parallel kämpft Schwester Julie um ihre Ehe – beziehungsweise gab längst auf, genau weiß sie es kaum. Bruder Jérôme schleppt seine neue Flamme zum Essen an, eine naive Trällertrine namens Océane. Dazu fürchtet Vater Michel den baldigen Exitus, benennt schon Todestag und -zeit. Mutter Françoise schenkt ihm eine Lumbalpunktion; wer das Prozedere erlitt, kennt dessen Qualpotential, für Michel verspricht’s allerdings reines Glück. Und über allem thront Tante Rivka, KZ-Überlebende, ihr Schicksal fordert Ehrfurcht.
Auf die Spitze treibt die häufig thematisierte Dysfunktionalität des zwischenmenschlichen Systems, daß sämtliche Beteiligte einander reduzieren, darunter Rivka auf ihre Vergangenheit. Océane wiederum ist eine „bulimische Hohlbirne, die ihren Manager bumst“, klar. Alternativ schrumpft man sich auch selbst: Während beispielsweise Herdheimchen Françoise dem Mixer leidenschaftliche Zuneigung entgegenbringt, erfüllt Julies Präsenz allein das Muttersein. Schlimmstenfalls stimmen Eigen- und Fremdwahrnehmung gar überein.
Gallige Bitterkeit gärt, mildernde Süße schießt ein natürlich trotzdem versöhnliches Ende hinzu. Und Rivka, deren Größe es zwischendrin gelingt, das eigentlich unmöglich zu Entschuldigende zu verzeihen.
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...