Originaltitel: GOSPOD POSTOI, IMETO I’ E PETRUNIJA

Mazedonien/Belgien/F/ Kroatien/Slowenien 2019, 100 min
FSK 12
Verleih: jip

Genre: Satire, Drama

Darsteller: Zorica Nusheva, Labina Mitevska

Regie: Teona Strugar Mitevska

Kinostart: 14.11.19

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Gott existiert, ihr Name ist Petrunya

Das Kreuz mit dem Kreuz

„Ich würde Dich nicht mal ficken“, sagt der schmierige Typ, während er Petrunya unter den Rock faßt. Für das „Vorstellungsgespräch“ hatte sich die junge Frau extra ein Kleid ausgeborgt. Mit Arbeit sieht es in der nordmazedonischen KleinstadtŠStip für die studierte Historikerin schlecht aus. Also schlägt sie sich mit Gelegenheitsjobs durch, erträgt die Enge der elterlichen Wohnung und ihre übergriffige Mutter. Als alleinstehende Frau, Anfang 30, ohne Arbeit, steht Petrunya weit unten auf der sozialen Leiter. 

Aber nach der schrecklichen Demütigung durch den Chef der Näherei zerreißt etwas in dieser stillen, ambitionslos wirkenden Frau. Als sie auf dem Rückweg der Prozession zum Dreikönigstag begegnet, stürzt sich Petrunya spontan in den Fluß, um mit den Männern nach dem geweihten Kreuz zu suchen. Der Legende nach verheißt es dem Finder Glück und Wohlstand für ein Jahr. Als sie mit dem Kreuz aus den Fluten auftaucht, ist der Skandal perfekt, denn noch nie hat eine Frau dergleichen gewagt. Petrunyas Sieg empfindet die versammelte Männerschaft als Blasphemie, schlimmer noch, als Wildern in ihren Pfründen. Also werden Klerus und Polizei bemüht, aber so leicht gibt Petrunya ihr Kreuz nicht auf.

Diese Geschichte klingt konstruiert, aber sie beruht auf einem realen Geschehen, das sich vor fünf Jahren in Stip ereignete. Für die Regisseurin Teona Strugar Mitevska bildet es den Ausgangspunkt. Ihr Film geht die zutiefst ungerechten Geschlechterverhältnisse in Nordmazedonien vehement an. Aus dieser überdeutlichen Intention sprechen sehr viel Wut und Frustration – wie sie auch die Frauenbewegung hierzulande in ihren Anfangsjahren versprühte. Allerdings wirkt der Film dadurch auch etwas holzschnittartig. Zumal die Handlung in der zweiten Hälfte irgendwann auf der Stelle tritt. 

Von Petrunyas Aufbegehren gegen die männliche Übermacht wird mit kargen filmischen Mitteln schnörkellos erzählt. Oft kommt eine wacklige Handkamera zum Einsatz, welche die Tristesse der Umgebung unerbittlich einfängt. Die meisten Szenen auf der Polizeistation spielen im Halbdunkel, auf einen Soundtrack wurde weitgehend verzichtet. Nach so viel Düsternis bleibt am Ende trotzdem eine zaghaft optimistische Grundstimmung. Seit dem Vorfall in Stip jedenfalls sollen es auf dem Balkan immer wieder Frauen versuchen, das Dreikönigstags-Kreuz zu erlangen.

[ Dörthe Gromes ]