D 2025, 98 min
FSK 12
Verleih: Piffl

Genre: Dokumentation, Biographie

Regie: Luzia Schmid

Kinostart: 03.04.25

5 Bewertungen

Ich will alles. Hildegard Knef

Im Flirt keine Kapazität

Es ist eine wichtige, gar entscheidende Antwort von Regisseurin Luzia Schmid auf die Frage, ob sie Gefahr gespürt hätte, ihrer Protagonistin affirmativ zu begegnen oder sie anhand ihrer Widersprüche überführen zu wollen. Ja, sie hätte die Gefahr gesehen, aber: „Ich hatte kein Enthüllungsbedürfnis bei ihr.“ Hildegard Knef sei nicht Leni Riefenstahl. Das wäre ja noch schlimmer, will man ergänzen. Da wäre der nächste Behauptungsstreit gesetzt gewesen. Heute hätte man die grandiose Knefsche Stimme hören dürfen und morgen besser nicht? Dieses Dilemma ist uns zumindest erspart geblieben.

Obwohl: Hildegard Knef (1925-2002) allein auf ihre Position als Sängerin und Rote-Rosen-Regenmacherin zu begrenzen, wäre absolut töricht. Sie hat viele ihrer brillanten und offen autobiographisch konnotierten Chansontexte selbst geschrieben, war dort „im Flirt keine Kapazität“, zudem Buchautorin, Synchronsprecherin, natürlich eine begnadete Schauspielerin. Sie war Patientin, Mutter einer Tochter und dreifache Ehefrau, zu Lebzeiten eine Ikone, und es solle sich erheben, wer ihr heute diesen Status entwenden mag, oder für immer schweigen.

ICH WILL ALLES bewegt sich nahezu ausschließlich im überlieferten Knefschen Kosmos. Es dominieren originale, von Nina Kunzendorf gelesene Zitate, historische Fotos und Fernsehmitschnitte von Bühnenauftritten, Proben und öffentlichen Gesprächen. Das Schlagzeilengewitter der Gazetten wird präsentiert, das „höhnische Gemecker der Presse“, als sie „24 Personen aus mir machen wollte“ und „Zeitlosigkeit verlangte.“ Knef hat früh gelernt zu widerstehen, sich zu behaupten, Paroli zu bieten. Transparenz gab die Marschroute vor, persönliche und künstlerische Enttäuschungen waren eingepreist.

Regisseurin Luzia Schmid und Editorin Yana Höhnerbach geben ihrer Erzählung von Knef und zugleich vom Nachkriegs(west)deutschland einen stringenten, nie wilden Rhythmus, der sich Ruhe gönnt, Ausspiel und lichte Momente des Aussetzens. Die Präsenz der Knef in Bild und Ton ist dabei so stark, daß selbst die kurzen Sequenzen mit Tochter Christina Palastanga und Ehemann Nr. 3, Paul von Schell, verzichtbar erscheinen. Wie radikale Verzichtskonsequenz geht, hat im Kino gerade Klára Tasovská mit NOCH BIN ICH NICHT, WER ICH SEIN MÖCHTE gezeigt, ein Porträt der lange Zeit unbekannten tschechischen Fotographin Libuše Jarcovjáková.

[ Andreas Körner ]

Ich will alles. Hildegard Knef ab heute im Kino in Leipzig