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Pauls Schulweg

Auf der Suche nach einem Platz in der Gemeinschaft

Paul ist sieben Jahre alt und kommt in die Schule. Das ist eigentlich die normalste Sache der Welt. Seine Zuckertüte ist riesig und schwer, und am Tag der Einschulung rotten sich alle Kinder für das Gruppenfoto zusammen. Die Eltern sind stolz.Die Schuleinführung scheint auf den ersten Blick kein besonderer Anlaß, erlebt sie doch fast jeder Mensch. Bei genauerem Hinschauen aber ist sie mehr als nur ein Fest unter vielen, nämlich der Einlaß in die Welt der Großen, der erste Schritt in die Verantwortungsübernahme für sich selbst. Was aber bedeutet das für ein 7jähriges Kind?

Diese Frage stellt sich der Filmemacher Wolfgang Andrä, als der Sohn seiner Studienfreundin eingeschult wird. Ein halbes Jahr begleitet er den Jungen mit der Kamera, zeigt ihn auf seinem Schulweg, im Klassenzimmer, an Weihnachten im Kreis der Familie. Eines wird schnell klar: Die Schule fällt Paul leicht, das Einfinden ins soziale Umfeld ist schwer. Einmal sucht die Klassenlehrerin offiziell nach einem Spielfreund für Paul, ein Mitschüler meldet sich.

Paul will dazugehören. Doch wie sehr läßt man sich auf die anderen ein und bleibt trotzdem man selbst? Auch wenn sich Paul diese Frage im Film nicht bewußt stellt, so treibt sie ihn um. Er reibt er sich an den Gesetzen der Gemeinschaft, dabei hat er weitaus bessere Voraussetzungen als andere Kinder. Er geht auf eine Jena-Planschule. Dort gibt es keinen Frontalunterricht, keine festen Stundenpläne, die Schüler entscheiden selbst, wann sie welche der ihnen aufgetragenen Aufgaben lösen. Der Austausch und die Interaktion mit anderen ist sozusagen Bestandteil des täglichen Lernens. Doch die Gelegenheit allein reicht nicht. Um Freunde zu finden, muß viel gestritten und wieder versöhnt werden – für eine Kinderseele nicht immer leicht zu verstehen.

Der Dokumentarfilm PAULS SCHULWEG bietet einen sehr informativen Einblick in das alternative Bildungskonzept Jena-Plan. Besonders aber ist, daß der Film unaufgeregt und leise das Seelenleben und die Wünsche eines Kindes einfängt, die sich kaum von denen der Erwachsenen unterscheiden.

Letztlich ist der Film eine existenzielle Betrachtung, auch was die Unsicherheiten angeht: „Du mußt mich jetzt fragen, wie es sich anfühlt, ein Paul zu sein!“, sagt Paul zum Filmemacher gleich zu Beginn des Films. Als er dem nachkommt, antwortet Paul: „Weiß nicht, obwohl ich Paul bin.“

D 2013, 87 min
FSK 0
Verleih: 1meter60

Genre: Dokumentation

Regie: Wolfgang Andrä

Kinostart: 22.08.13

[ Claudia Euen ]