D 2025, 90 min
Verleih: Grandfilm

Genre: Drama

Darsteller: Clara Schwinning, Mara Keshavarz, Henriette Confurius, Kyung-Taek Lie

Regie: Julian Radlmaier

Kinostart: 27.11.25

Sehnsucht in Sangerhausen

Eine Geistergeschichte

Wer kennt es nicht, dieses unbestimmte Verlangen nach etwas, das sich einer klaren Benennung entzieht? Die Lust aufzubrechen ohne wirkliches Ziel? Der Dichter Novalis erfand für diese Sehnsucht einst das Symbol der blauen Blume. Geboren und aufgewachsen in der Nähe von Sangerhausen, geistert der Frühromantiker nun durch den neuen Film von Julian Radlmaier. Statt einer blauen Blume finden und verlieren seine Protagonistinnen allerdings einen blauen Stein. Sie alle – die rebellische Magd Lotte, die prekär beschäftigte Ursula und Neda, die migrantische Travel-Influencerin wider Willen – eint die Sehnsucht nach einem ungelebten Leben, nach der Flucht aus einem als zu eng empfundenen Dasein. In ihm stoßen die drei Frauen ständig an Grenzen, seien sie nun ökonomischer, sozialer oder bürokratischer Natur. Einzig in unerwarteten Begegnungen brechen sie kurz aus dem Käfig der Realität aus. 

SEHNSUCHT IN SANGERHAUSEN findet dafür poetische Bilder mit einer eigenwilligen Mischung aus dokumentarischer Wahrhaftigkeit und absurdem Humor: eine Karamelkarawane auf dem Weg zu einer Mansfelder Haldenpyramide als neuester Touristengag, zwei Nacktwanderer, die durch die Streuobstwiesen voller Kirschbäume streifen, geisterhafte Gestalten im Kyffhäuser. Mit geradezu beiläufiger Selbstverständlichkeit spielt die Geschichte in Ostdeutschland.

Radlmaier schaut mit neugierig-fasziniertem Blick auf dieses Sangerhausen mit all seinen Gegensätzen und Merkwürdigkeiten, spart dabei den Alltagsrassismus nicht aus, verurteilt aber nicht.

[ Dörthe Gromes ]