Originaltitel: SWISS ARMY MAN

USA 2016, 97 min
FSK 12
Verleih: Capelight

Genre: Komödie, Schräg

Darsteller: Paul Dano, Daniel Radcliffe, Mary Elizabeth Winstead

Regie: Dan Kwan, Daniel Scheinert

Kinostart: 13.10.16

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Swiss Army Man

Kauzigkeit und Kalkül

Fangen wir gleich damit an: Ja, SWISS ARMY MAN ist der Film, in dem Daniel Radcliffe eine furzende Leiche spielt. Was dann ja auch unmittelbar nach der Premiere des Streifens auf dem Sundance Film Festival, in den sogenannten „sozialen Netzwerken“, also dort, wo ja weitteilig unverdaute und oft auch unverdauliche Ausscheidungen im Meer der Kommunikationskloake schwimmen, für diese und jene, nun ja, abgehenden Winde der Erregung, für jene muffigen Böen auch journalistisch-kritischer Flatulenz sorgte, die nur aus einem Grund schon lange nicht mehr zum Himmel stinken: Weil man sich an derlei Abgase inzwischen einfach gewöhnt hat.

Es spielt dabei keine Rolle, ob das Regie-Duo Dan Kwan und Daniel Scheinert, die unter dem Label „Daniels“ nach zahlreichen Videoclips jetzt mit SWISS ARMY MAN ihr Spielfilmdebüt gaben, es bewußt darauf angelegt haben, mit ein paar Furzen solchen Wind zu machen. Denn daß inzwischen selbst während eines Festivals wie dem Sundance große Teile des Publikums noch während der Film lief selbigen verließen, um der Welt mitzuteilen, was da mit dem Radcliffe so abgehe, erzählt nichts über den Film oder seine Macher – aber alles über seine Rezipienten.

Aber um auch hier jetzt endlich zum Eigentlichen zu kommen: SWISS ARMY MAN dürfte in jedem Fall eines der bizarrsten Buddy-Movies der Kinogeschichte sein. Da ist Dan, ein in wahrlich mehrfacher Hinsicht Schiffbrüchiger, ein Gestrandeter auf einsamem Eiland wie auch in der Einsamkeit seines Lebens. Und da ist Manny, die nicht gänzlich tote Leiche von der Multifunktionalität eines Schweizer Messers, der dem lebensmüden Dan beim Überleben in der Wildnis hilft. Und von Dan wiederum erklärt bekommt, was das überhaupt so ist: Leben.

SWISS ARMY MAN erzählt eine Geschichte vom unerfüllten Streben nach Glück und dem Sehnen nach Nähe und Liebe als surreales Wandeln auf Traumpfaden. Ein Film wie im Halbschlafstadium, voll der skurrilen Ideen und auch mal teenagerhaften Albernheiten, der sich einnehmend lange nicht darum kümmert, was hier Traum sein könnte und was nicht.

Und es dann aber doch noch tut, womit zwar das Rührungspotential der Story voll ausgeschöpft wird, sich zugleich aber die Rigorosität erzählerischer Kauzigkeit allzu offensiv den Bedürfnissen des Sentiments andient. Genau dort riecht der Film dann tatsächlich – nach Kalkül.

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.