D 2025, 102 min
Verleih: Wild Bunch

Genre: Tragikomödie

Darsteller: Christoph Maria Herbst, Nico Randel, Sesede Terziyan, Michael Ostrowski

Regie: Hanno Olderdissen

Kinostart: 18.09.25

Ganzer halber Bruder

Herbst mit Herz

Und los: „Sunny, Yesterday My Life Was Filled With Rain …“ Und selbstverständlich der Refrain: „Sunny One So True, I Love You …“ Fertig wäre der Ohrwurm für den Tag, gern geschehen! Warum das Ganze? Weil der Song nun mal ein astreiner Evergreen ist, hier in gleich mehreren Versionen die Tonspur dominiert und nach dem Kino weiter durch die Trommelfelle wildert, während man sich ein wenig beseelt fühlt. Liegt aber natürlich auch am Film drumherum.

Der dreht sich um Roland, sein absolutes Lieblingslied wurde just ins Leserhirn gepflanzt, weshalb ihn alle Welt eben Sunny nennt. Sunny übt einen geregelten Job aus, schätzt schnelle Autos, bereitet sich auf die Landesmeisterschaft im Gewichtheben vor. Ferner verfügt er über lebenslanges Wohnrecht im Haus seiner Mutter, die einem Schlaganfall folgend ins Koma versank, da Sunny außerdem Trisomie 21 hat, landläufig „Down-Syndrom“ genannt. Eine Situation, an welcher sich der bislang fremde Halbbruder Thomas, frisch aus dem Knast entlassen und scharf auf die wertvolle Immobilie, sämtliche Zähne auszubeißen droht.

Wenn’s um die Darstellung katzbuckelnder Schmierlappen geht, führen ja quasi kaum Wege an Christoph Maria Herbst vorbei, ein perfekter Thomas also, von dessen Zusammenspiel mit Nico „Sunny“ Randel die Geschichte erstaunliche Kraft bezieht. Eher rahmenabsteckend dient ihr Entwurf am Reißbrett vollständiger Vorhersehbarkeit, inklusive erwarteter Entwicklungen, bekannten Personals (hervorzuheben Sesede Terziyan als engagierte Betreuerin) sowie jederzeit die wirkmächtigsten Knöpfe drückenden Emotionen. Nirgends Denken in Bildern oder Erzählen auf Metaebenen, der Handlungsstrang zielt ohne Verästelungen immer direkt darauf, wo er gerade hinwill, um einen bestimmten Effekt zu generieren. Das mag verkopftere, eigenentdeckungswillige Publikumsteile schwer stören – und soll’s durchaus, völlig frei des schlechten Gewissens. Denn wer sagt, daß Schablonenarbeit automatisch minderwertig sein muß?!

Thomas’ Wandlung erfüllt wohl keinen Realitätsanspruch, meidet jedoch falsches Sentiment, gestattet vor allem Sunny echten Gefühlstransport, ob er sich auf Superheldenverehrung oder Trauerarbeit fokussiert. Bietet großes Herz statt ominös so benannten, einer gültigen Definition harrenden großen Kinos, dazu – siehe oben – wohltuende Seelenmassage.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...