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Louise Hires A Contract Killer

Tabula rasa mit Kittelschürze

Nein, Louise ist nicht gerade das, wovon Männer schwärmen, sondern eher eine Alptraumbraut, die mit strähnigem Haar und abgewetzter Schürze durch die Botanik walzt wie John Waynes Schwester. Eine Frau, welche ihr Mittagessen in der Rattenfalle fängt und aus Sparsamkeit Brennspiritus säuft. Diese Louise schuftet sich im Schichtdienst den Rücken krumm, um über die Runden zu kommen. Gestern gab es vom Chef noch neue Kittel für alle Arbeiterinnen, der Motivation wegen, heute ist der Laden dicht. Eine lächerliche Abfindung kann den Jobverlust nicht kompensieren, Verzweiflung macht sich breit, bis Louise ihren Leidensgenossinnen den ultimativen Vorschlag unterbreitet: Man solle seine paar Euro zusammenlegen und einen Killer engagieren, um die Chefetage abzuknallen. In den Frauen erwachen Mordinstinkte – also gesagt, getan. Louise rekrutiert Wachmann Michel. Dumm bloß, daß der zu seiner Waffe zwar ein erotisches Verhältnis pflegt, ansonsten aber nicht weiß, was er damit anfangen soll.

Und jetzt geht die sprichwörtliche Post ab. Egal, ob Michel zur Ausübung des Auftrags seine todkranke Verwandte engagiert (schließlich kann die eh nichts mehr verlieren), ein Attentat per Rollstuhlfahrer nach hinten losgeht, oder man 9/11 nachstellt – zarte Seelen haben in dieser gnadenlos komischen, von Leichen gepflasterten Reinform einer Satire nichts zu kichern. Jede heilige Kuh wird ohne Rücksicht auf die oft beschworene Political Correctness zur Schlachtbank geführt, was schon weh tut, weil es mit unbequemen Wahrheiten stets ins Schwarze trifft.

Zudem gelingt LOUISE HIRES A CONTRACT KILLER ungeachtet giftiger Zynismen, weg von allen nachtschwarz leuchtenden Szenen, immer wieder das Wunder, zwei Verlierer als echte Menschen zu zeichnen. Weil Trampel Louise mit ihrer – einigen Menschen zum tödlichen Verhängnis gereichenden – Leseschwäche und ruppigem Äußeren sowie Michel, der abgerissene Sonderling, ihren Mut noch nicht verloren haben, obwohl sie sich durch kaum zu verschlimmernde Leben quälen. Und deswegen dürfen diese zwei Antihelden dann auch die Liebe entdecken, nur fast zwangsläufig völlig anders, als man es erwartet. Quasi das Sahnehäubchen auf einem Film, dessen markerschütternder Humor auf jeden Fall für Lärmentwicklung sorgen wird: Mancher Zuschauer grölt vor Lachen, ein anderer rennt panisch schreiend aus dem Saal.

Originaltitel: LOUISE-MICHEL

F 2008, 94 min
Verleih: Kool

Genre: Persiflage

Darsteller: Yolande Moreau, Bouli Lanners, Benoît Poelvoorde, Mathieu Kassovitz, Albert Dupontel

Stab:
Regie: Benoît Delépine, Gustave Kervern
Drehbuch: Gustave de Kervern, Benoît Delépine

Kinostart: 24.09.09

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...