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Holy Meat

Heilig’s Blechle!

Tief in deutscher Provinz, der nächste Supermarkt 30 Busminuten entfernt, wird die Passionsgeschichte aufgeführt – aber wie! Mit wummernden Beats, Blut, Nacktheit und einem Erlöserschwein. Der anwesende Erzbischof findet deutliche Worte, derweil Regisseurin Alison Kuhn jetzt den Entwicklungsprozeß verfolgt. Nochmals: aber wie! Solcher Unterhaltungsanspruch, Wildheit und Witz fehlen hiesigem Kino viel zu oft, hier knistern regelrecht Tollheitsfunken am Elektrozaun, erhebt sich eine frische Stimme, welcher zu wünschen bleibt, daß sie auch zukünftig Originalität bewahrt, nicht unter bräsige teutonische Filmkunsträder kommt.

Kuhn zimmert ein Dreigestirn aus geflohenem Priester, zurückgekehrter verlorener Tochter und medial zerrupftem Sündenbock, ein Triptychon egoistischer Motive, halbseidener Praktiken und grundsätzlich doch positiver Absichten. Ein Trio strauchelnder Seelen, derer es im Dorf durchaus einige mehr gibt, etwa die seit dem Tod ihres Gatten vereinsamte Vermieterin oder der junge Mann auf Identitätssuche. Manchmal auf Abwegen wankende Charaktere, vom Drehbuch wohltuend bedingungslos geliebt und zum gleichberechtigten Gemeinschaftsmitglied ernannt.

Dazu erheitert Talentlosigkeit des vom zunehmend kontrollverlustigen Spielleiter geführten Laienensembles, tönen hinterfragte moderne Moraldebatten oder gerät in Szene gesetztes rohes Fleisch zum roten visuellen Faden, unterstützt harmonisch ineinandergreifende chronologische Brüche und Perspektivwechsel. Und traurige Klavierbegleitung untermalt das ungeachtet aller Stolpersteine gute Ende, als unerwartet anrührender Gruß Richtung Freud und Leid eng verflechtender Realität.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...