Originaltitel: RELAY

USA 2024, 112 min
Verleih: Leonine

Genre: Thriller, Action

Darsteller: Riz Ahmed, Lily James, Sam Worthington

Regie: David Mackenzie

Kinostart: 25.09.25

The Negotiator

Paranoia am Telefon

THE NEGOTIATOR besticht durch wenig Aufregung: langsamer Spannungsaufbau, kein Heischen nach schnellen, sensationellen Reizen. Auf den ersten Blick unspektakuläre, aber höchst kontrollierte, präzise arrangierte und unterkühlte Großstadt-Bilder. Dazu ein Plot, der sich bedächtig entfaltet und seine rasanteren Actionszenen erst spät in Gang setzt. Überraschungen werden rund um verschachtelte und zersplitterte Identitäten konstruiert. Rätsel und Realitätsverlust durchdringen die Welt, durch die sich Menschen als Schauspieler bewegen und sich ihrer Rollen nicht mehr sicher sein können. Und all die Geschäfte und Missionen, in die sie verwickelt sind, entpuppen sich plötzlich als weitere Fiktionen und Inszenierungen, die es (neu) zu schreiben und zu durchkreuzen gilt.

Man sehnt sich insgeheim danach, aus dieser alles verschlingenden, unentwirrbaren Busineßwelt auszubrechen – mit wenig Erfolg. Bisweilen winkt die legendäre „New-York“-Trilogie des Schriftstellers Paul Auster gedanklich aus dem Hintergrund, wenn sich Figuren in THE NEGOTIATOR gegenseitig bespitzeln und bespiegeln, während Verwirrung, Zweifel und Paranoia langsam die Oberhand gewinnen. Der nächste Bruch im Verläßlichen kündigt sich bereits an. Regisseur David Mackenzie, der zuvor etwa den großartigen HELL OR HIGH WATER inszeniert hat, legt dabei eine lange Zündschnur aus, die dem Publikum durchaus Geduld abverlangt, bis das Ganze explodiert. Erstaunlich ist dennoch, was für eine Sogkraft sein Film hauptsächlich aus Telefonaten zwischen Menschen zieht, die einen Großteil der Handlung prägen. Riz Ahmed legt dabei eine Verwandlungsnummer mit diversen Verkleidungen hin. Seine Figur vermittelt im Verborgenen zwischen Whistleblowern und Konzernen. In seinem verzwicktesten Fall bekommt er es mit einer Klientin namens Sarah zu tun, die belastende Informationen über eine Biotech-Firma mit sich trägt und nun in Gefahr schwebt.

Die interessanteste Pointe ist noch, daß es kurzzeitig so scheint, als würde unter all den Dialogen, Jagden und Versteckspielen, all dem Beobachten von Autos und Fenstern sogar eine romantische bis erotische Dimension lauern. Aber was nützen solche Phantasien und Anklänge, wenn sich vor allem Brutalität zu erkennen gibt, sobald die künstliche Distanz zwischen den Figuren überwunden ist?

[ Janick Nolting ]