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B.Aires

Fünf - eine magische Zahl

Auf der Leinwand erscheint ein Hinweis: "Montag". Ihm folgen knappe Szenen, wenige Informationen, und schon sind die Leute, mit denen man vorübergehend seinen Abend verbringt, umrissen. Da wäre also Ailí, stoische Kurierfahrerin chinesischer Abstammung. Von verblichenem Geflügel und Wagenladungen Gemüse umgeben, tief drinnen dem Fernweh erlegen und die große Liebe ersehnend, fühlt sich Koch Equis unendlich einsam. Während Fer lähmender Depressionen nicht Herr wird, zieht sein Bruder Morón durch die Straßen, um Wildfremde ihre Vorstellungen vom Glück betreffend zu interviewen. Und Toro reinigt nur noch so lange Hotelzimmer, bis ihn irgendwer als den begnadeten Schauspieler entdeckt, welcher er zu sein glaubt.

Es bleiben anderthalb Stunden, diese fünf Menschen insgesamt fünf Tage lang zu begleiten, Bewohner ihrer WG zu sein. Wie sich herausstellt, eine Zeitspanne, in der gleichzeitig nichts und doch alles geschieht: Wenn jemand Morón etwas besonders Kluges sagt, steht seine Welt kurzzeitig still. Toro nimmt mit tragikomischen Folgen am ersten Casting teil, Ailí muß ihren Platz zwischen den Kulturen finden. Trotzdem er mehrfach eine ebenso wie er selbst suchende, attraktive Frau trifft, droht Equis an der Diskrepanz zwischen Traum und Realität völlig zu scheitern. Ein Schicksal, welches er mit Fer teilen würde.

Zwischen Abwasch, Einkauf, Essen und Zahnbürste wird gezweifelt, gehofft, gestritten, heimlich geliebt und vor allem geredet. Fünf junge Leute an der Schwelle zum Rest ihres Lebens, von dem sie einiges fordern, fünf kantige Charaktere, die nicht viel außer diffusem Weltschmerz vereint. Den eigentlich darin verborgenen Wunsch bringt eine winzige Schlüsselszene ganz nebenbei auf den Punkt. Dort antwortet eine Passantin Morón auf die Frage, wer oder was sie gern sei: "Das, was ich bin – aber glücklich."

Genauso unvermittelt, wie sie kamen, gehen Ailí, Equis & Co. auch wieder. Kein Ende im klassischen Stil, schließlich fängt für sie ja manches gerade erst an. Fünf mittlerweile liebgewonnene Persönlichkeiten, fünf wichtige Tage. Und die Feststellung, daß Buenos Aires eigentlich überall auf dem Globus liegt.

Originaltitel: SÓLO POR HOY

Argentinien 2000, 100 min
Verleih: Flax Film

Genre: Drama

Darsteller: Ailí Chen, Sergio Boris, Damián Dreizik, Federico Esquerro, Mariano Martínez

Stab:
Regie: Ariel Rotter
Drehbuch: Ariel Rotter

Kinostart: 29.04.04

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...