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Dialog mit meinem Gärtner

Ein lebensphilosophischer Rotweinreigen

Ja, hier läßt es sich leben: die Vögel zwitschern, die Grillen zirpen, an alten Mauern knattert allenfalls mal ein in die Jahre gekommenes Moped vorbei - wir sind in Frankreich, auf dem Land, auf sattgrünen Wiesen und in honiggelben Feldern. Dazu gibt es einen unschuldig hingetupften Jazz, den spielt Daniel Auteuil, also der Maler im Film, ein wenig träumerisch, wie es die Landschaft, wie es sein ganz passables Leben so abgewandt vom hektischen Paris verlangt.

Als eines Tages Jean-Pierre Darroussin, also der Gärtner im Film, sich bei ihm verdingt, nimmt eine Geschichte ihren Lauf, die einfach, klar, berührend und dabei so hinreißend ist. Schulfreunde waren sie, dann gingen die Wege auseinander, jetzt erinnern sie jugendliche Scherze, Namen, Geschichten und - weil wir in Frankreich sind - schlürfen dabei den einen oder anderen guten Tropfen. Wenn der Gärtner Wein oder Kaffee immer öfter ablehnt, wenn er sich stützt, wenn er einen Moment zu tief seufzt, dann sind das bereits subtil eingeflochtene Hinweise an unser Verständnis, daß es eben auch in der prächtigsten Idylle Kratzer geben muß.

Die allerdings können einer spät, aber gottlob nicht zu spät neu entflammten Freundschaft so gar nichts antun. Den Reiz - beim Titel liegt das nahe - machen natürlich die ausfabulierten Geschichten der beiden aus, die so unterschiedlich, so verwegen und bodennah wie deren Erzähler sind. Der Gärtner zog nie weg und ist seit Ewigkeiten mit einer Frau verheiratet, den Maler verschlug es nach Paris herum, und er steigt auch nach getanem Pinselstrich seinen Models nach ...

Jean Becker versteht es vortrefflich, scheinbar Banales wie die Erörterung über Salate mit sehr persönlichen Ausführungen wie die über Arbeitslosigkeit in der Familie des Gärtners zu verflechten, er bringt zwei Menschen zusammen, die gegensätzlich sind, die sich in ihrer Gegensätzlichkeit geradezu bedingen und die am Ende einander brauchen. Solche Figuren können natürlich nur von brillanten Darstellern ausgefüllt werden!

Dem Franzosen Becker gelingt mal wieder das rundum vollendete Kunststück, eine vielleicht traurig endende Geschichte zu einem leichten Ausflug voll brillanter Dialoge, pointiertem Witz und viel Gefühl zu transformieren - eine Ballade über das Älterwerden, guten Wein, junge Freundinnen und schmerzende Hernien. Und das soll ihm mal wer nach machen, so ganz ohne jede Schrullenhaftigkeit!

Originaltitel: DIALOGUE AVEC MON JARDINIER

F 2007, 109 min
Verleih: Arsenal

Genre: Tragikomödie

Darsteller: Daniel Auteuil, Jean-Pierre Darroussin

Regie: Jean Becker

Kinostart: 20.12.07

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.