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Frankfurt Coincidences

Multinationale Momentaufnahmen

Frankfurt am Main ist wohl die Stadt der Bundesrepublik, auf die das Label „typisch deutsch“ am wenigsten zutrifft. Banken, Wolkenkratzer, Flughafen, dazu 170 Nationen auf 250 Quadratkilometern Stadtfläche, drum herum das dichteste Autobahnnetz der Welt. Eine Stadt des Transits, welcher der junge Nachwuchsregisseur mit albanischen Wurzeln Enkelejd Lluca mit seinem Erstling FRANKFURT COINCIDENCES nun eine unaufgeregte Liebeserklärung macht.

Sein Film folgt den zufälligen und weniger zufälligen Begegnungen sechs höchst unterschiedlicher Protagonisten in einem Frankfurter Miethaus. Udo Schmitz ist ein verwitweter Musikliebhaber, dessen Sohn ihn am liebsten im Altersheim sähe. Seine Verbindung zur Außenwelt ist die junge Deutschtürkin Najila Aydin, die mit ihrem Vater Abdullah zusammen im Erdgeschoß einen Lebensmittelladen betreibt. Die schöne Najila wiederum hält ihre Liebesbeziehung zu Erik vor ihrem Vater geheim. Der wundert sich nur, warum der junge Mann jeden Tag in den Laden kommt, um ein oder zwei Äpfel zu kaufen. Diese seltsamen Deutschen! Und dann sind da noch die mysteriöse Asiatin Ana Chimei, die sich prostituiert, um ihre kleine Tochter im fernen Paris zu unterstützen, und der traumatisierte Bürgerkriegsflüchtling Aidu Ombele aus Simbabwe, der mit den deutschen Behörden um eine Aufenthaltsgenehmigung ringt und illegal in einem Restaurant arbeitet.

Die Begegnungen dieser Menschen werden im Film nur angerissen, das Nichtgezeigte findet im Kopf des Zuschauers statt. Sie sind gewissermaßen Etüden, filmische Fingerübungen des Regisseurs und seines kleinen Teams. Es sind nicht die großen Geschichten, sondern kleine Alltagsepisoden einer pulsierenden Stadt, die hier mit viel Engagement und Sorgfalt erzählt werden. FRANKFURT COINCIDENCES entstand als Bachelor-Arbeit des Studienganges Digitale Medien an der Hochschule Darmstadt und zeichnet sich für ein Debüt durch eine erstaunliche visuelle Reife aus. Lange, achtsam komponierte Einstellungen lassen bildsprachliche Ambitionen erkennen, auf die viele große, deutsche Kinoproduktionen von vornherein verzichten.

Verdient gewann der Film den hessischen Hochschulpreis sowie den Publikumspreis des Filmfestes München.

D 2011, 80 min
FSK 12
Verleih: Eclipse

Genre: Episodenfilm, Drama

Darsteller: David Wurawa, Bolor Sharkhuukhen, Teodora Djuric, Ramin Yazdani, Ulrich Günther

Regie: Enkelejd Lluca

Kinostart: 19.04.12

[ Dörthe Gromes ]