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Kein Mittel gegen Liebe

... und kein Kraut gegen Groschenromane

Wenn man die Amerikaner in Sachen Film außer um ihre Stars und Produktionsbudgets um etwas beneiden kann, dann sicher um ihr einfaches, leicht verständliches Zuordnungsvokabular. Da wäre die sich sehr gut einprägende, da reimende Bezeichnung „Chick Flick“ für Filme, die eindeutig für ein weibliches Zielpublikum gedacht sind und recht oft unter die Kategorie Liebesfilm fallen. Sehr praktisch ist auch das schöne Wort „Tearjerker“ für all jene Streifen, die primär darauf abzielen, ihr Publikum zum Taschentuch greifen zu lassen. Und last but not least soll hier der praktische Begriff „Disease Movie“ angeführt sein, der überall da zum Einsatz kommt, wo ein Drama sich um eine (meist tödliche) Krankheit dreht. KEIN MITTEL GEGEN LIEBE paßt in alle drei dieser schön einfachen Schubladen. Was in diesem Fall leider nicht heißt, daß man für sein Geld gleich dreimal so viel Romantik, Emotion und mitreißende Dramatik geboten bekommt. Viel eher stimmt: Wenn man Zeitverschwendung multiplizieren könnte, dann wäre KEIN MITTEL GEGEN LIEBE sicher mindestens das Dreifache der Zeitvergeudung des Otto-Normal-schlechten Films.

Zugegeben, der Rezensent gehört nicht der Zielgruppe an, aber ein derart mißlungener Genrehybrid wie das hier besprochene Werk ist geschlechterübergreifend eine Zumutung. Aber um mal von der etwas unkonkreten Verdammung etwas wegzukommen, hier eben die Geschichte „In A Nutshell“ (wenn wir schon bei praktischen englischen Entlehnungen sind): Marley ist eine erfolgreiche Lebefrau und verschmäht echte Bindungen. Eines Tages bekommt sie die schlimme Diagnose Darmkrebs und sieht sich gezwungen, ihr Leben zu überdenken. Ihr behandelnder Arzt entpuppt sich als sehr attraktiver, charmanter Südamerikaner, der sie das erfahren läßt, was sie bisher vermißt hat: die große Liebe.

Das klingt nicht nur nach filmgewordenem Groschenroman, es ist einer. Dabei hätte der Ansatz, eine Komödie über eine Frau zu machen, die an Darmkrebs stirbt, zu etwas wirklich Interessantem führen können. Stattdessen wird ein Sterbedrama mit dem Brecheisen zu einer seichten RomCom umgeprügelt und so getan, als würde man „mal total unkonventionell“ vom Sterben erzählen.

So mag Sterben für all jene aussehen, für die Persil-Werbung voll harten Familienalltag zeigt. Traurig, und leider kein bißchen im guten Sinne (siehe „Tearjerker“).

Originaltitel: A LITTLE BIT OF HEAVEN

USA 2011, 107 min
FSK 6
Verleih: Senator

Genre: Tragikomödie, Romantik

Darsteller: Kate Hudson, Gael García Bernal, Kathy Bates

Regie: Nicole Kassell

Kinostart: 06.10.11

[ Paul Salisbury ] Paul mag vor allem Filme, die von einem Genre ausgehen und bei etwas Neuem ankommen. Dabei steht er vor allem auf Gangsterfilme, Western, Satire und Thriller, gern aus der Hand von Billy Wilder, Sam Peckinpah, Steven Soderbergh, Jim Jarmusch, den Coen-Brüdern oder Paul Thomas Anderson. Zu Pauls All-Time-Favs gehören DIE GLORREICHEN SIEBEN, TAXI DRIVER, ASPHALT COWBOY, SUNSET BOULEVARD, POINT BLANK ...