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Tu nichts Böses

Italien jenseits vom Dolce Vita

Drogenkonsum, Kleinkriminalität und Prügeleien bestimmen den Alltag der beiden 20jährigen Vittorio und Cesare. Meist hängen sie mit ihren Kumpanen am kargen Strand von Ostia herum. Eine verlorene Generation, nicht einmal in einen Nachtclub werden sie eingelassen. Treibender Techno-Sound und harte, unvermittelte Schnitte illustrieren ihr auswegloses Getriebensein. Eine Freundschaft von Kindesbeinen an verbindet die beiden ungleichen Charaktere: Cesare ist ein jähzorniger Hitzkopf, dessen Fäuste meist schneller sind als sein Verstand. Nur zu Hause bei seiner verhärmten Mutter und der Nichte Deborah zeigt er seine weiche Seite. Das Mädchen ist eine Hinterlassenschaft von Cesares verstorbener Schwester, von der sie auch das HI-Virus geerbt hat. Dagegen ist Vittorio von besonnenerem Temperament. Als er eines Tages Linda kennenlernt, wagt er ihr zuliebe den Ausstieg aus dem Milieu. Doch der karge Lohn für die Maloche auf dem Bau reicht nur für ein sehr bescheidenes Dasein.

TU NICHTS BÖSES ist Mitte der 90er Jahre angesiedelt. Italien durchlebt mal wieder eine krisengebeutelte Zeit. Ostia war damals ein verwahrloster Vorort von Rom. Leere Strände, leere Straßen, armselige Häuser, selbst das Meer wirkt bleiern. Diesen Schauplatz wählte Regisseur Claudio Caligari nicht zufällig, wurde doch der wohl umstrittenste Filmemacher Italiens, Pier Paolo Pasolini, 1975 in Ostia ermordet. Sein Tod ist bis heute unaufgeklärt. 

Caligari stellte sein schmal gebliebenes Œuvre bewußt in eine Kontinuität mit den frühen Filmen Pasolinis wie ACCATTONE und MAMMA ROMA, in denen ebenfalls soziale Randfiguren porträtiert wurden. Auch Caligari selbst galt als Außenseiter des italienischen Kinos. Nach seinem vielbeachteten Spielfilmdebüt AMORE TOSSICO (1983) gelang ihm erst wieder mit TU NICHTS BÖSES erneut ein Erfolg. Allerdings war da der 67jährige bereits einem Krebsleiden erlegen.

Diese Tragik findet sich auch im Film wieder. Als wäre es nicht schon schwer genug, versetzt das Leben den Protagonisten stets neue Faustschläge. Einzig ihre enge Verbundenheit hält sie aufrecht. Diese harte Geschichte ist in betont nüchternen, ja rohen Bildern erzählt. Nur während eines Drogentrips sieht Vittorio eine andere Welt: Plötzlich steigen auf einer menschenleeren Straße mitten in der Nacht bunt schillernde Zirkusleute aus einem Bus. Sie legen eine Meerjungfrau auf dem Asphalt ab. Von einem Unbekannten wird sie kurz darauf erschossen.

Originaltitel: NON ESSERE CATTIVO

I 2015, 100 min
FSK 16
Verleih: Missing Films

Genre: Drama

Darsteller: Luca Marinelli, Alessandro Borghi, Silvia D’Amico, Roberta Mattei

Regie: Claudio Caligari

Kinostart: 27.04.17

[ Dörthe Gromes ]