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Verschwörung im Berlin-Expreß

Sahnehäubchen des schwarzen Humors

Schwarzer Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Menschen erleiden böse Verletzungen oder kommen ums Leben, und das Publikum liegt unter den Bänken. Das ist vielleicht nicht jedermanns Sache, doch für Freunde dieses Genres ist die Freude um so stärker, je größer und schöner der angerichtete Schaden ausfällt, denn das Lachen ist in diesem Fall nicht nur ansteckend, sondern geradezu erlösend.

Die Schweden haben nun die gute alte Kriminalkomödie wieder aufleben lassen, in klassischem Gewande und, wie es sich gehört, schwarz/weiß - zumindest teilweise. Mit vielen Anleihen an die Filmgeschichte erinnert der Film irgendwie an LADYKILLERS, Agatha Christie, Hitchcock und Monty Python zugleich.

Die ganze Geschichte spielt im Zug, geschickterweise zur chaotischen Nachkriegszeit. Ein Ensemble an verirrten Personen rast non-stop nach Berlin. Ein erfolgloser Schriftsteller will dabei sein, wenn Europa wieder aufgebaut wird. Auch im Zug versucht er nur Gutes zu tun, natürlich stets mit dem gegenteiligen Effekt. Ein im Geheimen mitreisender Arzt versucht mit Hilfe seiner schönen Geliebten, die ebenfalls mitreisende Ehefrau zu beseitigen. Doch als die dafür vorgesehenen Pillen in die Hände eines alternden und abgewrackten schwulen Pärchens geraten, wird die Aktion kompliziert. Dazu viele skurrile Figuren mehr, alle prototypisch, aber stets ein wenig gegen den Strich gebürstet: trinkende, fluchende Nonnen; friedfertige, ganzkörper-bandagierte Kriegshelden oder baltische Flüchtlinge, die, der guten Nahrung ungewohnt, von einer Apfelsine kübelweise kotzen müssen. Alle werden in einem rasanten Karussell durcheinandergewirbelt, ohne Schonung und jenseits der Grenzen der Logik.

Nebenbei wird in den Dialogen noch schön schräg über das Leben philosophiert und Wittgenstein in die Irre geführt: man nehme ihn einfach wörtlich und reagiere darauf emotional.

Übrigens - in guter Hitchcock-Manier hat Regisseur Peter Dalle sich selbst eine kleine Rolle reserviert: als Schaffner.

Originaltitel: SKENBART

S 2004, 100 min
Verleih: Independent Partners

Genre: Komödie, Schräg

Darsteller: Gustav Hammersten, Magnus Roosmann, Anna Björk, Kristina Törnqvist

Regie: Peter Dalle

Kinostart: 17.02.05

[ Lars Meyer ] Im Zweifelsfall mag Lars lieber alte Filme. Seine persönlichen Klassiker: Filme von Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Woody Allen, Billy Wilder, Buster Keaton, Sergio Leone und diverse Western. Und zu den „Neuen“ gehören Filme von Kim Ki-Duk, Paul Thomas Anderson, Laurent Cantet, Ulrich Seidl, überhaupt Österreichisches und Skandinavisches, außerdem Dokfilme, die mit Bildern arbeiten statt mit Kommentaren. Filme zwischen den Genres. Und ganz viel mehr ...