Legenden der Leidenschaft – Zum Tod von James Horner

Es gibt wohl nur eine Handvoll Filmkomponisten, deren Namen jedem Kinogänger geläufig sein sollten. James Horner gehört seit TITANIC (1997) zweifelsohne zu diesem illustren Kreis. Keine andere Score-CD hat zuvor oder seitdem so viele Mainstream-Wellen geschlagen wie dieser Megahit, über 10 Millionen Exemplare wurden weltweit verkauft. Seinen Karrieredurchbruch hatte James Horner allerdings schon zwei Jahrzehnte früher.

Nach abgeschlossenem Musikstudium in London und Kalifornien verdingte sich der Sohn jüdischer Einwanderer zunächst als Komponist für das American Film Institute und später für B-Movie-Veteran Roger Corman. Sein Weltraum-orchesterbombast zu SADOR ­– HERRSCHER IM WELTRAUM (1980) weckte schließlich das Interesse Hollywoods, und mit einer fulminanten Swashbuckler-Partitur zu STARK TREK II: DER ZORN DES KHAN enterte der Jungstar 1982 die filmmusikalische A-Liga. Schnell entwickelten sich erste kreative Partnerschaften, darunter mit Produzent Steven Spielberg, für dessen Firma Amblin Entertainment er einige Zeichentrickfilme mit bezaubernder Musik ausstattete (IN EINEM LAND VOR UNSERER ZEIT, BALTO).

Am prägendsten und schaffensreichsten waren die späten 80er und 90er Jahre. Mitunter zehn von Horner vertonte Filme flimmerten in dieser Zeit über die Leinwände; außerdem begann die Zusammenarbeit mit wichtigen Regisseuren wie James Cameron (ALIENS: DIE RÜCKKEHR), Edward Zwick (GLORY, LEGENDEN DER LEIDENSCHAFT) und Mel Gibson (DER MANN OHNE GESICHT, BRAVEHEART). Für sein enormes Talent und seinen unnachahmlichen Klang geschätzt und geehrt, stand Horner aber auch zeitlebens für seine Recyclingtechnik eigener Melodien und Motive und das teils recht offensichtliche Parodieverfahren klassischer ­– speziell russischer ­– Komponisten wie Tschaikowski, Prokofjew oder Chatschaturjan in der Kritik. Seiner allgemeinen Popularität hat das nie geschadet. Trotzdem war er für das heutige Hollywood nicht so prägend wie etwa Hans Zimmer oder Thomas Newman. Diese exklusive Außenseiterrolle teilt er mit einer weiteren Koryphäe seiner Zunft: John Williams.

Vor sechs Jahren löste er sich mit AVATAR selbst an der Spitze der erfolgreichsten Filme aller Zeiten ab. Die beiden geplanten Fortsetzungen wird er nicht mehr vertonen können: Am 22. Juni starb der 61jährige Komponist beim Absturz seines einmotorigen Flugzeugs über Südkalifornien.

[ Philipp J. Neumann ] Philipp fühlt sich inspiriert von CLUB DER TOTEN DICHTER, hat gelernt aus DAS SIEBENTE SIEGEL, ist gerührt von MAGNOLIA, hat sich wiedergefunden in THE SWEET HEREAFTER, wurde beinahe irr durch FARGO, ist für immer vernarrt in PONETTE und war schlicht plattgedrückt von DER HERR DER RINGE.