Originaltitel: 9

USA 2009, 79 min
Verleih: Universal

Genre: Computeranimation, Fantasy, Drama

Stab:
Regie: Shane Acker
Stimmen: Elijah Wood, John C. Reilly, Jennifer Connelly, Ch

Kinostart: 22.04.10

1 Bewertung

#9

Kafkaeske Computeranimation für Erwachsene

Folgende Situation: Die Erde liegt mal wieder in postapokalyptischem Zustand brach. Und – so viel kann man verraten – natürlich ist der Mensch erneut selbst schuld an seiner Ausrottung. Es mußte ja so kommen. Doch plötzlich regt sich zwischen den Trümmern Leben, konkret eine Stoffpuppe, deren Rücken die 9 ziert. Das kleine, vorerst stumme Geschöpf soll aber nicht einsam bleiben, sondern trifft bald einen Weggefährten mit der Nummer 2, von dem es repariert wird und nun sprechen kann. Doch die Freude darüber findet ihr Ende, als eine gruselig anzuschauende Maschine, einer skelettierten Katze sehr ähnlich und später treffend „The Beast“ genannt, 2 verschleppt. Nach Überwindung des Schocks geht 9 auf die Suche und trifft weitere mit Ziffern versehene Kollegen, denen es gemeinsam glückt, die Bestie zu schrotten. Doch in einem Akt der Dummheit, anders kann man es kaum formulieren, erweckt 9 „The Brain“, etwas weitaus Schlimmeres ...

Immer kreativere und teilweise wirklich alptraumhafte Maschinen, ein zu berauschenden Zwecken gebrauchter Magnet, entseeltes oder sozusagen zombifiziertes Spielzeug – selbst wenn #9 synchronisiert liefe, wäre dieses finstere Abenteuer, ungeachtet seiner Darreichungsform als Animationsfilm, definitiv nichts für Kinder. Da gerät selbst „Somewhere Over The Rainbow“, Judy Garlands Evergreen mit Niedlichkeitsbonus, nur zur zynischen Ruhe vor dem nächsten Sturm. Große Zuschauer dürfen dagegen staunen, was man heutzutage dem Computer alles entlocken kann, und sollten im Fast-Non-Stop-Action-Gewitter kaum Zeit finden, das Gesehene auf tieferen Sinn hin abzuklopfen. Wer es im Nachgang dennoch tut, bemerkt indes schnell das in seinen Grundfesten bedenklich wackelnde Handlungsgerüst, denn über die übliche Warnung vor humanem Größenwahn kommt der Plot kaum hinaus, mag er sich auch noch so philosophisch geben.

Dazu paßt der Verzicht auf Namen; stirbt jemand der Helden von 1 – 9, geht tatsächlich bloß eine Nummer dahin, für die man sich kaum interessiert. Okay, niemand erwartet, daß sich Stoffpuppen zu Persönlichkeiten entwickeln (obwohl das Pixar selbst mit Ratten oder Robotern schafft), aber Figurenzeichnung jenseits „des Anführers“ oder „der Amazone“ hätte es dann doch sein dürfen. Unter dem Strich bleibt daher ein audiovisuelles Fest, ein Triumph der Form über den Inhalt inklusive emotionaler Leere.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...