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Bonjour Sagan

Brillant besetztes Künstlerinnen-Porträt

Schon lange vor ihrem Tod war der einst gefeierten Autorin gewiß, daß das eintritt, wovor man am meisten Angst hat: ohne Liebe leben, einsam alt werden, krank sein. Das war bereits in den 80ern im Subtext ihres so wunderbar spinnerten und eleganten „Briefwechsels“ mit der längst verstorbenen Sarah Bernhardt herauszulesen. Und genau dieses Ende hielt das Leben parat.

Françoise Sagan bekämpfte jene Furcht mit allen Mitteln: gekaufte Freunde, Statussymbole und jede Menge Koks und Schnaps. Sagan, die zu jung zu erfolgreich wurde und an einem lebenslangen Minderwertigkeitskomplex zu leiden hatte, war bis zum bitteren Ende ein Kindskopf, der Krawall macht, wenn es Nacht wird, die Drogen ausgehen, die Menschen ihre Bücher nicht mehr kaufen. Der Film bebildert den kometenhaften Aufstieg des jungen Mädchens Françoise Quoirez, das sich seinen Nachnamen bei Proust lieh. In nur wenigen Wochen schrieb sie ihr „Büchlein“, wie sie es selbst betitelte, kurz nach dem Erscheinen verkaufte sich „Bonjour Tristesse“ millionenfach. Sie traf einen Nerv, ihre liberale Sprache stand deutlich gegen jeden Mief der Nachkriegsliteratur. Dabei wußte Sagan selbst zu gut, daß man Freiheit gar nicht richtig definieren kann ...

Vom Eintauchen in eine infantile Seele, vom schnellen Leben und langsamen Sterben dieser zerrissenen, von schneller Bewunderung und Ja-Sagern so abhängigen Frau, davon vermag Diane Kurys gekonnt zu erzählen. Kurys zeigt Sagan, wie man sie „erahnte“: frech, wortgewandt, ein wenig unverschämt und in ihrer Liebeswütigkeit durchaus sympathisch. Sylvie Testud spielt diese aufs Leben hungrige und am Leben verzweifelnde Person wunderbar, ihre Gier, ihre Freude, dieses kindliche Strahlen und das Kichern eines ewigen Mädchens – einfach perfekt, wie die Testud das umsetzt. Kurys hetzt nicht durch die Dekaden, sie setzt neben dem Aufstieg Schwerpunkte auf die merkwürdigen Beziehungen Sagans zu seltsamen Menschen und markiert mit wenigen, aber sehr starken Momenten das unglückliche Verhältnis zwischen Sagan und ihrem Sohn. Sie taugte einfach nie zur Mutter, das Kind entstand in einer Laune, sie war selbst viel zu unreif, um für andere zu sorgen.

Auch für den selbstironischen Humor der Sagan ist noch Platz. Kritiker warfen ihr vor, daß zwei ihrer Bücher gerade mal so viel Gehalt hätten wie ein einziger Absatz bei Balzac. Sagans Reaktion: „Immerhin Balzac!“

Originaltitel: SAGAN

F 2007, 115 min
FSK 12
Verleih: Schwarzweiß

Genre: Biographie, Drama

Darsteller: Sylvie Testud, Jeanne Balibar

Regie: Diane Kurys

Kinostart: 01.01.09

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.