Originaltitel: IN BRUGES

GB/Belgien 2008, 105 min
FSK 16
Verleih: Tobis

Genre: Gangster, Komödie

Darsteller: Colin Farrell, Brendan Gleeson, Ralph Fiennes, Jérémie Renier

Regie: Martin McDonagh

Kinostart: 15.05.08

5 Bewertungen

Brügge sehen ... und sterben?

Dunkelschwarzhumoriger Ausflug in die Kulturprovinz

Bruges Is A Shithole! Für Ray ist das sofort klar, als der Killer mit seinem weitaus gemäßigten Freund und Kollegen Ken zwangsversetzt in der größten (und dennoch irgendwie provinziellen) Stadt Westflanderns spaziert. "Pittoresk" bestätigt er mit einem angewiderten Feixen, und vor wenigen Morden wußte Ray noch nicht einmal, wo dieses Brügge überhaupt liegt. Er wird sich hier ein wenig einrichten müssen, denn bei einem Auftrag in London lief nicht alles glatt, also tauchen sie ab ... und warten. Auf den Anruf von Harry, ihrem cholerischen und hochgradig psychotischen Boß.

Während Ken die Architektur, das flächendeckende kulturelle Welterbe in den höchsten Tönen lobt und das Reizvolle seinem törichten Kompagnon zu vermitteln versucht, beleidigt der lieber fette Amerikaner, die sich auf zu enge Kathedralentreppen wagen und versteift sich in der Haltung, daß man vom Land kommen und bescheuert sein müsse, um Brügge toll zu finden. Ray aber kommt aus Dublin ... Dort mag er das Bier und die schönen Mädels. Weil aber so ein Polterer wie Ray zwei Augen im Kopf hat und Durst in der Kehle spürt, kriegt er bald mit, daß auch in der Provinz Mütter schöne Töchter haben und das belgische Bier nicht das Schlechteste ist. Der Genuß soll allerdings von kurzer Dauer sein, denn dann kommt der Anruf Harrys. Er spricht mit Ken, dieser soll Ray für die Pleite an der Themse um die Ecke bringen ...

Daß es soweit nicht und ohnehin anders, nämlich heftig und brutal kommt, dafür steht dieses originelle und ziemlich andersartige Buddymovie, welches seine Kraft und shocking moments aus einer ordentlichen Dosis handgreiflicher Gewalt bezieht und zudem rassistische Zwerge, einäugige Räuberpetzen und allerhand Gedärm auf dem Kirchenplatz zu bieten hat. BRÜGGE SEHEN ... UND STERBEN? ist ein absurder Trip in die fehleingeschätzte europäische Kulturgemütlichkeit, der Subtext verrät’s: ordentlich eins auf die Mütze kann man eigentlich überall kriegen. Und trotz teils überschlagender Ereignisse und einer gehörigen Derbheit besticht Martin McDonaghs Filmdebüt, der Mann kommt vom Theater, durch dessen Detailverliebtheit, das wohltuende Verweilen und die erstklassigen Dialoge. Fein ist auch, daß diese dunkelschwarzhumorige und richtig arg endende Moritat gänzlich ohne plumpes Zitieren und gaspedalige Effektschnörkeleien auskommt.

Brendan Gleeson und Colin Farrell bilden zudem ein famoses Duo, wobei Farrell mit seiner Wandelbarkeit die eigentliche Sensation ist. Ob großer Junge, Womanizer und verletzbarer Killer - er beherrscht in diesem herrlichen Spaß die komplette Palette. Und daß Ralph Fiennes mit seinen kalten blau-grauen Augen mal wieder als Parade-Psycho geradezu brilliert, muß man kaum erwähnen. Putziger Nebeneffekt: man kriegt trotz jeder Menge getrockneten Blutes auf dem Unesco-Pflaster mal wieder Lust auf eine Reise. Brügge soll ganz schön sein ...

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.