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Der Räuber

Zwischen Erfolg und Verbrechen ...

… ist manchmal nicht sonderlich viel Platz, wie einige straffällig gewordene Prominente anschaulich bewiesen haben. Doch es gibt ja auch den umgekehrten Weg, sprich: zu Stars aufgestiegene Kriminelle. Zum Beispiel Johann Kastenberger, als „Pumpgun-Ronnie“ in die österreichische Geschichte eingegangen. DER RÄUBER, welcher Ende der 80er Jahre eine Medienkarriere sondersgleichen verbuchte und nun sein teilweise fiktives Biopic bekommt.

Hier heißt er Johann Rettenberger und wird frisch aus der Haft entlassen, nähert sich einem hübschen Mädchen an und, was den Tatsachen entspricht, erzielt Siege als Marathonläufer. Penibel trainiert Rettenberger, arbeitet mit Pulsmesser und Fitneßwerten. Ein durchorganisierter Charakter, welcher jedoch nebenbei immer wieder ausrastet und Banken überfällt. Das erbeutete Geld ist ihm egal, er kann einfach nicht anders. Da gerät das Laufen zur schönen Allegorie, einem Gegenpart zur Existenz eines Mannes, dessen Leben sonst auf der Stelle tritt, der sich nicht entwickelt, weil er es – erneut – nicht kann. Es gibt keine großartige Charakterisierung, keine Erklärungen, keine zerredeten Blicke in gebrochene Seelen. Und das ist gut so, ebenso wie die ruhige, manchmal fast bis zum Erstarren unaufgeregte Inszenierung. Ein Actionkracher sieht glücklicherweise anders aus.

Trotzdem scheint es hin und wieder so, als würden vermeintlich notwendige Mainstream-Inhalte abgehakt: eine recht deutliche Liebesszene? Erledigt. Ein Tötungsdelikt, denn schließlich mordete Kastenberger ja auch? Eingebracht. Kurze Liedfetzen aus dem Radio, des Soundtracks wegen? Haben wir drin. Diesen Eindruck verstärkt außerdem ein Schnitt, welcher mit großer Entschlossenheit lange Einstellungen durch weiche Szenenübergänge ignorierende Wechsel kontrastiert. Ob dies schlicht Ungeschick darstellt oder Johanns zerrissene Person widerspiegeln soll, darüber könnte man trefflich debattieren.

Unbestritten bleibt den erwähnten Problemchen zum Trotz dennoch eine Verbrecherballade, welche buchstäblich nicht viele – dafür jedoch prägnante – Worte, außerdem so ziemlich alles anders und das Hauptsächliche richtig macht, indem sie es schafft, diesem eigentlich wenig sympathischen Charakter fern jeder Ikonisierung Verständnis zu gewähren: Johann reagiert aggressiv auf Zigarettenrauch ebenso wie Körperkontakt. Obwohl er selbst seltsam berührt.

Österreich/D 2009, 98 min
Verleih: Zorro

Genre: Biographie, Drama, Krimi

Darsteller: Andreas Lust, Franziska Weisz, Florian Wotruba, Johann Bednar, Walter Huber

Regie: Benjamin Heisenberg

Kinostart: 04.03.10

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...