Originaltitel: THE BRAVE ONE

USA/Australien 2007, 119 min
Verleih: Warner

Genre: Action, Thriller

Darsteller: Jodie Foster, Terrence Howard, Naveen Andrews, Mary Steenburgen

Regie: Neil Jordan

Kinostart: 27.09.07

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Die Fremde in Dir

Ein Racheengel mit bleiernen Flügeln und unilateraler Schräglage

Halb New York kennt Erica Bains Stimme. Was der Radiomoderatorin aber nichts nutzt, als sie beim Abendspaziergang überfallen und brutal zusammengeschlagen wird. Zwar kommt Erica knapp mit dem Leben davon, ihr Verlobter stirbt jedoch im Zuge der Attacke. Fortan lebt die junge Frau in Angst. Eine Pistole muß her, um anfangs zumindest äußerliche Sicherheit zu geben. Der cineastische Zufall will es allerdings, daß sich Erica nicht nur als schußsicheres Naturtalent erweist, sondern plötzlich auch permanent auf allerlei Abschaum trifft, den es stylish bebildert abzuknallen gilt. Weshalb sie das Gesetz jetzt in ihre zarten Hände nimmt!

Wie Regisseur Neil Jordan bekundet, war er bei der Drehbuchlektüre "sofort völlig hingerissen." Da darf man schon fragen, ob er es vielleicht als Betthupferl zum Einnicken gelesen hat, denn eigentlich hätte einem Filmemacher seines Formates einiges auffallen müssen. Beispielsweise die wie verordnet wirkenden Gefühle, welche distanziert kalt transportiert werden, niemals mitreißen oder gar Verständnis für die Figuren wecken, woraus übrigens zu viele Längen resultieren, da man einfach desinteressiert wegdämmert. Oder ein aufdringlicher Off-Kommentar als billige Methode, dem Publikum Ericas Gedanken unterzujubeln.

Zum echten Ärgernis gerät der Reißbrett-Krimi aber wegen seiner "Tu das einzig Richtige, schnappe Dir eine Knarre, morde die bösen Buben"-Polemik. Obwohl Erica aus Legitimationsgründen manchmal ganz verzweifelt dreinschauen darf, zieht sich die obige Moral wie ein roter Faden durch das Geschehen. Nicht umsonst steigert sich dieser Rachefeldzug mit jedem toten Kriminellen so langsam wie stetig, von noch nachvollziehbarer Notwehr hin zur puren Selbstjustiz.

Und das – bloß zur Erinnerung – ausgerechnet von Neil Jordan, dessen IRA-Thriller THE CRYING GAME als höchst differenziertes, in unzähligen Schattierungen gemaltes Psychodrama unvergessen bleibt. Allerdings sollten sich aufmerksame Zuschauer nun nicht wirklich wundern. Schließlich posaunt ja schon der Originaltitel THE BRAVE ONE überdeutlich heraus, wessen Geistes Kind das Ganze letztlich ist.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...