Originaltitel: A FELESÉGEM TÖRTÉNETE

Ungarn/D/F/I 2021, 169 min
FSK 12
Verleih: Alamode

Genre: Literaturverfilmung, Liebe, Drama

Darsteller: Léa Seydoux, Gijs Naber, Luna Wedler, Louis Garrel, Josef Hader, Ulrich Matthes

Regie: Ildikó Enyedi

Kinostart: 04.11.21

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Die Geschichte meiner Frau

Drei wie sieben

Schon die Vorlage der Vorlage soll über 40 00 Seiten dick gewesen sein. Milán Füst hatte „Die Geschichte meiner Frau“ 1942 nach sieben Jahren Arbeit herausgebracht, als seinen einzigen Roman edel auf knapp 500 Seiten eingekürzt, gestrafft, eine Empfehlung für den Status eines Hauptwerks ungarischer Literatur und annonciert für Höheres. Zumindest die vielen Übersetzungen weltweit entsprachen diesem seinem Anspruch. Daß eine Frau sich an die Verfilmung eines Buches wagt, das so vielschichtig wie eindeutig über Ego-Männlichkeit erzählt, macht in heutigen Zeiten doppelt Lust auf das Ergebnis. Noch dazu, weil sie Ildikó Enyedi heißt und der Liebe im Schlachthof mit KÖRPER UND SEELE einen ultimativen Schub verliehen hatte. Vielleicht auch deshalb ist die Enttäuschung eher heftiger Natur. Und drei Kinostunden wirken gar wie sieben.

Verheiratet zu sein, sagt Smutje Habib, hilft. Auch gegen Magenweh. Frachtschiff-Kapitän Jacob Störr muß stutzen. Wäre er nicht so ein verdammt harter, wortkarger, emotionsgebremster Brocken, hätte er vielleicht sogar darüber gelacht. Doch was macht Störr? Sucht sich beim nächsten Landgang eine Frau. Die Erstbeste soll es sein, die jenes Café betritt, in dem er sitzt und matt mit einem Bekannten parliert. Die Erstbeste wird es auch, denn die Französin Lizzy, so schön wie rätselhaft, geht aufs Angebot ein. Glück gehabt! Das haut selbst Störr eine vor den Bug.

Schöne erste halbe Stunde, fürwahr. Da wird nicht viel erklärt, werden Geheimnisse bewahrt anstatt gelüftet, taucht man ein in die Rätsel einer Beziehung, einer Zeit (die 20er sind’s) und des allgegenwärtig Runden drehenden, Sinne raubenden Mann-Frau-Dings. Grundprinzip: Eifersucht frißt Seele auf. Und Behäbigkeit den Genuß von Kino. Die Schule, derer sich Regisseurin Enyedi bedient, ist so alt wie die Dampfer ihrer Meere. Noch jeder modern interpretierenden Note verweigert sich die Ungarin, was überhaupt nicht schlimm wäre, denn Minghellas DER ENGLISCHE PATIENT und zwei Handvoll andere klassisch-schwelgende Literaturverfilmungen haben wir schließlich auch geliebt. Innig! DIE GESCHICHTE MEINER FRAU aber versackt in einer ziemlich schnöden Eleganz der Form, in der beiläufigen, kaum griffigen Art ihrer Figurenzeichnung, in Untiefen der Erzählweise und arg gebremster Sinnlichkeit. Wenn es um die Liebe geht, geht das eigentlich gar nicht.

[ Andreas Körner ]