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Die Hüter der Tundra

Wie lange wird es sie noch geben?

Archaische Lebensweisen üben auf moderne Stadt- und Büromenschen oft eine starke Faszination aus. Sind wir nicht von unserem Wesen her dazu bestimmt, frei in der Natur umherzuziehen, den Elementen ausgesetzt, unsere Nächte am Lagerfeuer verbringend statt vor Computerbildschirmen? Wäre das nicht das eigentliche Leben? Sieht man den Dokumentarfilm HÜTER DER TUNDRA von René Harder, so kommen einem solcherart Fragen in den Sinn.

Über ein Jahr lang begleitete der Filmemacher eine Dorfgemeinschaft auf der russischen Kola-Halbinsel nördlich des Polarkreises. Fern von allen Straßen, nur mit dem Helikopter oder dem Schneemobil erreichbar, liegt das Dorf Krasnotschelje inmitten der unermeßlichen Weite der Tundra. Acht Monate im Jahr ist das Land dort von Schnee bedeckt. Die Menschen – Russen und Samen, die Ureinwohner dieser Region – leben hauptsächlich von der Rentierzucht. Doch diese befindet sich im heutigen Rußland am Rand des wirtschaftlichen Zusammenbruchs. Für den Staat ist die Rentierzucht nicht mehr attraktiv, stattdessen werden die reichen Bodenschätze des Nordens rücksichtslos ausgebeutet. Dabei sind die Rentiere und ihre Züchter im Weg. Selbst die abseitige Lage schützt Krasnotschelje nicht vor dem ständig näherrückenden Bergbau. Dem Dorf droht ein schleichender Tod und damit der unwiederbringliche Verlust einer althergebrachten Lebensweise.

Alexandra Artiewa, genannt Sascha, eine junge Frau und Mutter, will dieses Schicksal nicht kampflos hinnehmen. Sie engagiert sich im samischen Parlament und sucht in Murmansk nach Investoren, die der Rentierkolchose des Dorfes wieder auf die Beine helfen. Währenddessen verbringt Saschas Bruder Wladik den Großteil des Jahres bei den Rentieren in der Tundra. Ein anderes Leben ist für ihn nicht vorstellbar – selbst um den Preis, daß er keine Frau findet, die es mit ihm teilen möchte.

HÜTER DER TUNDRA zeigt – mit einer leichten Tendenz zur Verklärung – die Schönheit dieses entbehrungsreichen Lebens abseits der Zivilisation. Seine Sympathie gilt den Menschen, die um ihre Art zu leben kämpfen. Kameramann Dan Jåma fängt ihr Leben in der rauhen Landschaft in großartigen Bildern ein, die im behaglichen Kinosessel zum Augenschmaus werden. Ganz ohne kalte Füße und erfrorene Nasen.

D 2013, 82 min
FSK 0
Verleih: W-Film

Genre: Dokumentation

Regie: René Harder

Kinostart: 22.01.15

[ Dörthe Gromes ]