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Du bist nicht allein

Vom Arbeit suchen und Liebe finden

Wenn eine dreiköpfige Familie in einer bescheidenen Zweiraumwohnung im Ost-Berliner Plattenbau wohnt, beide Elternteile arbeitslos sind und trotzdem kaum Zeit für ihren 11jährigen Sohn finden, dann darf der Drehbuchautor sie ruhig schon mal "Moll" nennen. Das Leben der Molls scheint sich den Dur-Regionen zu nähern, als Frau Moll einen Job als Wachfrau bekommt. Auch für Herrn Moll gibt es neuen Lebensschwung, allerdings ist der Grund dafür eher egoistischer Natur: Er ist verliebt in die neue Nachbarin Jewgenia. Im selben Haus wohnt auch der arbeitslose Physiker Kurt Wellinek, der nur schwer mit der Trennung von seiner Frau Silvia, einer frustrierten Schauspielerin ohne Engagement, zurechtkommt.

Trotz der mißlichen Lage der Protagonisten stimmt Regisseur und Autor Bernd Böhlich einen komödiantischen Grundton an. Dieser resultiert vor allem aus dem humorvollen Umgang des Ehepaars Moll mit den Rückschlägen des Alltags. Axel Prahl und Katharina Thalbach kämpfen mit dickem Fell und Berliner Schnauze gegen die Tristesse an. Es ist großteils den beiden Schauspiel-Urgesteinen zu verdanken, daß sich der Unterhaltungsanspruch und die dauerpräsente Sozialkritik über weite Strecken so gut vertragen. Im Erzählstrang der Wellineks gestaltet sich die Suche nach dem richtigen Ton weit schwieriger. Kurt und Silvias neue Anläufe nach Ehe- und Karriere-Aus wollen nicht so recht nahe gehen. Vielleicht ist es die kühle Funktionalität ihrer Charaktere, die nicht zu überwinden ist: Man hat zeitweise das Gefühl, daß die beiden nur im Film sind, damit auch der arbeitslose Akademiker und Künstler vorkommt.

Die Frage nach Moll oder Dur, Tragik oder Komik, muß für einen Film sicherlich keine Entscheidungsfrage sein. Oft gelingt es Böhlich vorzüglich, nachdenkliche und lustige Momente zu verbinden. Umso unangenehmer wirken aber dann die Augenblicke nach, in denen Klamauk und Melancholie so ungelenk verknüpft sind, daß einem Zwerchfell und Empathiepumpe zugleich erstarren.

Zu diesen Szenen gesellt sich ein Ende, das mit der bis dato etablierten Figurenzeichnung kaum konform geht. Da können Prahl und Thalbach noch so herrlich menschlich auftrumpfen, die rechte Tonlage bleibt letztendlich verpaßt.

D 2007, 90 min
Verleih: Neue Visionen

Genre: Tragikomödie

Darsteller: Axel Prahl, Katharina Thalbach, Herbert Knaup, Karoline Eichhorn, Dominique Horwitz

Stab:
Regie: Bernd Böhlich
Drehbuch: Bernd Böhlich

Kinostart: 19.07.07

[ Paul Salisbury ] Paul mag vor allem Filme, die von einem Genre ausgehen und bei etwas Neuem ankommen. Dabei steht er vor allem auf Gangsterfilme, Western, Satire und Thriller, gern aus der Hand von Billy Wilder, Sam Peckinpah, Steven Soderbergh, Jim Jarmusch, den Coen-Brüdern oder Paul Thomas Anderson. Zu Pauls All-Time-Favs gehören DIE GLORREICHEN SIEBEN, TAXI DRIVER, ASPHALT COWBOY, SUNSET BOULEVARD, POINT BLANK ...