Originaltitel: EN MAN SOM HETER OVE

S 2015, 116 min
FSK 12
Verleih: Concorde

Genre: Drama, Literaturverfilmung

Darsteller: Rolf Lassgård, Bahar Pars, Filip Berg, Ida Engvoll

Regie: Hannes Holm

Kinostart: 07.04.16

1 Bewertung

Ein Mann namens Ove

Dein Nachbar, das unbekannte Wesen

Auch jenseits von Schweden gehören solche Regelhuber und Verbotsterroristen zu den lästigsten Plagen jeder menschlichen Siedlung. Sie absolvieren Kontrollgänge zu Garagentoren, prüfen Hinweisschilder auf Halt- und Sichtbarkeit, verfolgen Wildparker mit Killerinstinkt und arglose Passanten mit dem bösen Blick. Und sie knurren. Im Fall von Ove meistens etwas wie „idioter“, das auch im nichtschwedischen Ausland prima verstanden wird.

Man kennt und fürchtet sie, jene Umdiesechzigjährigen von nebenan, die immerzu wissen, welcher Inbusschlüssel zu welcher Baumaßnahme, welcher abschätzige Kommentar zu welchem überflüssigen Erdenmitbewohner paßt. Daß man Männer wie Ove lieben soll, ist viel verlangt, gehört aber zum guten Ton. Wenigstens in dieser schwedischen Spielart des Philanthropenkinos, das große skandinavische Filmtugenden wie Lakonik und humorig abgekühlten Existentialismus gelegentlich mit kleinlicher Lieblichkeit mischt. Emotionale Planungssicherheit schlägt also kinematographisches Wagnis. Denn – so flott gewöhnt man sich an Floskeln – hinter den rauhen Fassaden gilt es, ein goldenes Herz freizulegen.

In weitgehender Nibelungentreue zur Romanvorlage von Fredrik Backman entwirft Regisseur Holm das Porträt eines Kontrollfreaks als Summe eines Lebens voller Kontrollverluste. Im Vordergrund geht es um einen Haken, an dem ein Baumarktseil aufzuknüpfen ist. Es geht um einen Gartenschlauch, der vom Auspuff ins Jenseits führen soll. Um den eklatanten Mangel an Gelegenheiten, endlich neben diese Frau unter diese Friedhofserde zu kommen. Und um einen weiblichen persischen Neuzugang von gegenüber, der auf schroffe Abweisung mit Unverfrorenheit reagiert und sich partout nicht von der Schwelle weisen läßt. Der kolossale Rest ist Rückblende, ausgedehnte, im Unterschied zum filmischen Präsens farbig satt unternommene Reise in die Bits & Bytes einer von Verlust und Verhinderung geprägten Geschichte, die diesen Ove zu dem gemacht hat, was er ist.

„Sich kennenlernen“ ist der moralische Imperativ dieses Films, für dessen nicht immer überzeugende Rhythmus- und Gefühlsschwankungen es eine auf ewig gültige Entschuldigung gibt: Rolf Lassgård. Ein vulkanisches, zum Bersten bereites, entzündbares Schauspielertemperament, präsent auch in den abwesendsten Szenen, pulsierend, auch im gemessenen Rentnerpulsschlag. Ein Ove mit Gesicht und Körper.

[ Sylvia Görke ]