Originaltitel: HACKSAW RIDGE

USA/Australien 2016, 131 min
FSK 16
Verleih: Universum

Genre: Biographie, Kriegsfilm, Drama

Darsteller: Andrew Garfiel, Sam Worthington, Vince Vaughn, Rachel Griffiths

Regie: Mel Gibson

Kinostart: 26.01.17

1 Bewertung

Hacksaw Ridge

Kitsch und Krieg

In den Krieg ziehen? Ja. Aber töten? Nein! Die Geschichte des Desmond T. Doss ist eine des zugespitzten Widerspruchs. Aufgewachsen in einer gläubigen Familie, mit einem Vater, der auch seine Traumata aus dem Ersten Weltkrieg im Alkohol ersäuft, hat Desmond vor allem ein Gebot tief verinnerlicht: Du sollst nicht töten! Keine Gewalt! Und dennoch meldet sich Desmond nach dem Angriff der Japaner auf Pearl Harbor zur Armee. Dort bereit für alles – nur eben nicht für den Dienst an der Waffe.

THE CONSCIENTIOUS OBJECTOR heißt ein Dokumentarfilm aus dem Jahr 2004, der die wahre Geschichte des Desmond T. Doss erzählt. Die Geschichte eines Menschen, dem das Leben tatsächlich heilig ist, und der – nach allerhand Querelen und Schikanen während seiner Rekrutenzeit – als Sanitäter bei der Erstürmung der Insel Okinawa heroischen Opfermut zeigt. Beim Lebenretten inmitten des großen Schlachtens. Und ja, man kann durchaus verstehen, daß das Mel Gibson schwer beeindruckt und tief inspiriert haben muß.

Was das allerdings wiederum bei ihm genau bedeutet, ist jetzt in Gibsons fünfter Regiearbeit zu sehen. Gleich die erste Einstellung in HACKSAW RIDGE schwebt da über ein Schlachtfeld wie Gottes Geist über das Meer. Es werde Licht, auf daß man das Dunkel erblicke. Weggeschossene Gesichter, verkohlte Körper, Bäuche, aus denen das Gedärm quillt. Ach ja, der gute, alte Mel und die Liebe zum Detail. Es ist ein Anfang wie ein Versprechen, denn erst einmal springt die Handlung ins friedlich-ländliche Amerika. Desmonds Kindheit und Jugend, nicht immer idyllisch, aber immer von bodenständigem Ethos geprägt, breitet sich samt erster und sofort großer Liebe in Sepia aus. Es sind Szenen der Pflichtschuldigkeit – und des größtmöglichen Kontrastes, wenn die Handlung dann, gleich den Soldaten, in Okinawa landet. Also der Film zu sich selbst findet. Und das heißt, ganz bei seinem Regisseur zu sein, der es ja schon schaffte, DIE PASSION CHRISTI weniger im Gestus der Nächstenliebe als eben mit Liebe zum gewalttätigen Detail zu inszenieren. Diese Liebe bekommt man jetzt auch in HACKSAW RIDGE ausgiebig zu spüren. Das heißt zu sehen. Als orgiastische Steigerung, die dann final in einem Bild pseudoreligiöser Überhöhung mündet. Also im astreinen Kitsch. Daß mit dem einen wie dem anderem die Figur, die zu bewundern der Film vorgibt, verraten wurde, scheint Gibson dabei weder bewußt zu sein, noch groß zu kümmern.

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.