Originaltitel: HANNIBAL RISING

F/GB/USA 2007, 121 min
Verleih: Tobis

Genre: Horror, Killer, Literaturverfilmung

Darsteller: Gaspard Ulliel, Gong Li, Rhys Ifans

Stab:
Regie: Peter Webber
Drehbuch: Thomas Harris

Kinostart: 15.02.07

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Hannibal Rising

In Litauen essen sie Kinder!

"Wie alles begann ...", soll also erzählt werden. Gemeint ist die Vor- und Frühgeschichte des psychopathologischen Sonderfalls Hannibal Lecter, der nicht zuletzt durch einen Sir Anthony Hopkins zum Charakterkopf des Thrillergenres avancierte. DAS SCHWEIGEN DER LÄMMER wurde zum letzten Schrei der intelligenten Großunterhaltung. Und selbst nach HANNIBAL und ROTER DRACHE, beide weniger als ein milder Abglanz des Vorgängers, lauschte man noch hoffnungsvoll ins Dunkle des Kannibalen-Universums. Dort bleibt Thomas Harris federführend - als Autor der Romanvorlage und windiger Drehbuchgerüstbauer.

Musikalisches Leitmotiv ist diesmal "Ein Männlein steht im Walde", quasi als neue Erkennungsmelodie. Es führt ins nationalsozialistisch besetzte Litauen der Weltkriegsjahre, wo der kleine Hannibal und seine Schwester Mischa allem entkommen - außer dem Hunger der litauischen Söldner. Der Junge überlebt und schwebt fortan als Racheengel für die aufgegessene Schwester durch halb Europa. Angefangen von einem sowjetischen Nachkriegserziehungsheim über Stationen in und um Paris hinterläßt der angehende Mediziner eine Spur des Grauens. Er ist gekommen, um ein paar Köpfe einzusammeln ...

Wie appetitlich der eingefleischte Lecter-Fan gebratene Bäckchen und aufgespießte Lendchen nun auch finden mag - aus diesem Gematsche und Gekröse lugt doch kaum ein Geheimnis heraus, für das es sich durch die vielen Blutlachen zu stiefeln lohnte. Nicht nur, daß sich Sir Anthony in sympathischere Rollen davongestohlen hat. Mit ihm ist auch die Noblesse dahin. Von Adel ist sein jugendlicher Nachfolger in einigen Zügen, die aparte, angeheiratete Tante Gong Li in jeder Minute, die Story aber an keiner Stelle.

Das "historische" Psychogramm gibt sich zu Beginn als veritabler Ostfrontfilm und manchmal als Samuraimärchen mit asiatisierendem "Einschlag". Dazwischen behilft es sich mit Traumsequenzen, vom Dolby-Surround angetrieben, mit Blut-, Abschneid- und Aufschlitzorgien von einiger Konsequenz aber ohne jeden dramaturgischen Sinn. Ein würdiger Nachfolger für die Mutter aller Psychopathenromanzen ist dabei nicht herangewachsen.

[ Sylvia Görke ]