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Haschisch

Vom Leben mit der Cannabis-Pflanze

Der Dreh war eine abenteuerliche Geschichte. Ohne Lizenz und mit illegal eingeführtem Equipment. Niemand durfte den Zielort des Teams wissen, auch zum Schutz der Einwohner vor der Polizei: ein Dorf im nordmarokkanischen Riffgebirge. Darüber gäb es noch viel zu erzählen, vielleicht mehr als über das Leben der Haschischbauern selbst. Dem Film, der wie die Droge in kleinen Dosen aus dem Land geschmuggelt wurde, sieht man seine Odyssee allerdings nur noch an dem grobkörnigen und teils verwackelten Material an, das die DigiBeta geliefert hat.

Der Alltag der Bauern im weltweit größten Cannabis-Anbaugebiet wirkt dagegen auf beschauliche Weise belanglos. Abgesehen davon, daß man hier zu philosophischen Betrachtungen neigt und öfter mal bekifft ist. Abgesehen auch davon, daß der Eisverkäufer, wenn er mit seiner kleinen Hupe den Berghang erwandert, von den Kindern mit Bündeln Marihuana ausgezahlt wird, die er abends dann wieder verkauft. Es sind vor allem die Kleinigkeiten, die anzeigen, daß sich hier oben wirklich alles um die Pflanze dreht. Wer das Geschäft ernsthaft betreibt, sagt ein alter Bauer, der nach 38 Jahren das Rauchen aufgegeben und seinen Kindern vom Gebrauch der Droge abgeraten hat, darf nicht in der Stadt leben und mit Reichtum protzen. Das fällt auf. Er muß im Dorf bleiben, sein Brot im Steinofen backen und in schlichten Hütten ein bescheidenes Leben führen. Dennoch träumen viele davon - oder haben es bereits versucht-, dem Haschisch auf seinem Weg nach Europa zu folgen und ein neues Leben zu beginnen. Man kann es irgendwie verstehen.

Die routinemäßigen Handgriffe, von der Ernte bis zum fertigen Produkt, kennt der Kino-zuschauer bald zur Genüge. Auch weiß er inzwischen, wie sich ein hervorragender von einem weniger guten Stoff optisch unterscheidet: nämlich gar nicht. Bleiben die Träume vom Glück.

Die Kamera hält wertfrei drauf, auf Landschaft und Bewohner und läßt sie erzählen. Vom Traum nach Freiheit. Von den Grenzen, die den einfachen Leuten gesetzt sind, und ihrer Überwindung. "Nimm einen Zug aus der Pfeife und Du wirst es verstehen", sagt ein alter Philosoph zu später Stunde. Zum Genuß solcher Lagerfeuergespräche sollte man dem guten Rat folgen.

Mitunter verlangt die Draufhaltetechnik vom Publikum ein wenig Geduld. Das Verdienst des Filmes wird es bleiben, Bilder aus einem dokumentarisch bisher noch unerschlossenen Gebiet geliefert zu haben.

D 2002, 80 min
Verleih: Rif Film

Genre: Dokumentation

Regie: Daniel Gräbner

Kinostart: 01.07.04

[ Lars Meyer ] Im Zweifelsfall mag Lars lieber alte Filme. Seine persönlichen Klassiker: Filme von Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Woody Allen, Billy Wilder, Buster Keaton, Sergio Leone und diverse Western. Und zu den „Neuen“ gehören Filme von Kim Ki-Duk, Paul Thomas Anderson, Laurent Cantet, Ulrich Seidl, überhaupt Österreichisches und Skandinavisches, außerdem Dokfilme, die mit Bildern arbeiten statt mit Kommentaren. Filme zwischen den Genres. Und ganz viel mehr ...