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Hukkle – Das Dorf

Sprachlos kommt der Tod

Darf man repräsentativen Erhebungen Glauben schenken, klagen viele Frauen über mangelnde Zuwendung seitens ihres Partners. Kein Wunder, wechselt doch laut Statistik das durchschnittliche Ehepaar pro Tag volle sieben Sätze. Schon traurig – aber eventuell kann HUKKLE an dem Zustand ja etwas ändern, allerdings auf ziemlich perfide Weise.

Es beginnt friedlich: Ein alter Mann sitzt vor dem Haus in der Sonne und wird von Schluckauf geplagt, während um ihn herum das typisch ländliche Leben pulsiert. Der Imker schleudert Honig, Mähdrescher ernten Getreide, Schweinehoden schaukeln in porentiefer Großaufnahme durchs Bild. Bis dato ist also alles grenzenlos beschaulich – und unendlich ermüdend. Als man nun gerade an so viel idyllischer Langeweile zu sterben droht, übernimmt dies auf der Leinwand plötzlich ein anderer: Oma mischt Maiglöckchen-Sud ins Essen, woraufhin Opa das Zeitliche segnet. Sie war ihn einfach leid.

Unerwartet mausert sich der angehende Lehrfilm für Naturkundler zur schrägen Groteske, denn auch die anderen Frauen des Dörfchens gehen dazu über, ihre Göttergatten ins saftig sprießende Gras beißen zu lassen. Dabei sind sie es, die nicht viel Gerede machen; richtiger formuliert sogar überhaupt keins, denn Dialoge sucht man vergeblich. Als innovatives Experiment angelegt, punktet HUKKLE dafür mit skurrilen Situationen, visuellen Überraschungen und schwarzer Situationskomik wie dieser: Eine Frau bereitet das Mittagsgericht, schaut dann in Gesellschaft ihrer wissenden Töchter vibrierend vor ungeduldiger Erwartung zu, wie der Herr des Hauses seine Henkersmahlzeit verspeist.

Regisseur Pálfi stellt sich eben konsequent auf die feminine Seite und bietet bitterbösen Humor, Güteklasse A. Spätestens am Ende, wenn die Amateur-Mörderinnen schließlich doch das allseitige Schweigegelübde brechen, um ein Liedchen über nicht ganz zufällig verblichene Männer zu trällern, sollten sich verheiratete Zuschauer schleunigst fragen, wann sie ihre Gemahlin das letzte Mal mit einem Strauß Blumen beglückt haben. Möglicherweise kauft die Angetraute ja sonst bald selbst welche. Schlimmstenfalls Maiglöckchen ...

Originaltitel: HUKKLE

Ungarn 2002, 75 min
FSK 12
Verleih: Arsenal

Genre: Komödie, Schräg

Darsteller: Ferenc Bandi, Frau Rácz, Jószef Farkas

Stab:
Regie: György Pálfi
Drehbuch: György Pálfi

Kinostart: 24.04.03

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...