Originaltitel: LE PROCÈS DU CHIEN

F/CH 2024, 82 min
FSK 12
Verleih: Weltkino

Genre: Tragikomödie

Darsteller: Laetitia Dosch, François Damiens, Jean-Pascal Zadi, Anne Dorval, Anabela Moreira

Regie: Laetitia Dosch

Kinostart: 13.02.25

2 Bewertungen

  • Kinotipp der Woche

Hundschuldig

Der Schöne ist ein Biest?!

Er sieht zum Niederknien knuddelig aus: jener traurige Blick, durch strategisch klug eingesetzte hängende Ohren umrahmt! Wuscheliger Bauch, dazu ein manchmal zugewandt-freudig wedelnder Schwanz! Man erliegt Cosmos’ Charme sofort komplett. Und dennoch droht ihm ein unfriedliches Ableben in Form der Einschläferung, unser … nun ja … armer Hund steht vor Gericht, hat drei Frauen gebissen, einer blieben tiefe Gesichtsnarben. Verbirgt die schnuffige Fassade ergo tatsächlich eine gefährliche misogyne Töle, ist jedes Mitleid fehl am Platz? Verteidigend wirkt Anwältin Avril, aussichtsfernen Fällen deutlich zu stark zugeneigt und daher eng an der Rausschmißgrenze langschrammend.

Nicht von Cosmos-Darsteller Kodi, für seine schauspielerische Leistung letztjähriger Gewinner des Palm Dog Award in Cannes, täuschen lassen: Unter dem generell oft zuckersüßen Deck-und-Tarnmäntelchen steckt ein galliger, nachschmeckender Kern, etwa so, als hätte Regiedebütantin/Co-Autorin Laetitia Dosch einen gammelnden Apfel kandiert. Ihr schwebte „eine ungehemmte, beunruhigende Komödie, die wichtige Themen anspricht und ständig den Ton wechselt“ vor – Ziel erreicht. Daß sie gleich noch die menschliche Hauptrolle übernahm, stand vermutlich stets außer Zweifel, schaut man zu, welches Engagement Dosch ihren drei Paralleljobs widmet.

Was szenenweise doch zu kleineren Reibungen führen mag, gerade innerhalb der intendierten tonalen Schwankungen zwischen entspanntem Slapstick, großem Gefühl und bitterer Anklage. Wohlgemerkt weniger des Tieres, dessen gesetzliche Herabsetzung zur „Sache“ (die folglich bei entsprechendem Urteilsspruch nicht getötet, vielmehr simpel zerstört wird) unmißverständlich bewertet zur Sprache kommt; die Sympathiepunkte sind klar verteilt. Trotzdem umrundet Dosch die offensichtliche theoretische Stolperfalle, besetzt keineswegs blindlings und unliebsame Gegenmeinungen niedergrölend eine vermeintlich einzig richtige Seite, wie heutzutage üblich, sondern beleuchtet, relativiert, dreht Positionen. Streift Geschlechterrollen, thematisiert hier Rassismus, betrachtet dort Selbstbestimmung, deutet häusliche Gewalt an, plaziert über diesem (fast schon zu) vollgepackten Erstling leitmotivisch Verantwortungsfragen, ohne je von auch entlarvendem Humor rückwegslos ins Dickicht bleierner Themenfinsternis wegzutaumeln. Darauf ein Wow-Wau!

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...

Hundschuldig ab heute im Kino in Leipzig