Originaltitel: V LUCHAKH SOLNCA

Rußland/D/Tschechien/Nordkorea 2015, 90 min
FSK 6
Verleih: Salzgeber

Genre: Dokumentation

Regie: Vitaly Mansky

Kinostart: 10.03.16

7 Bewertungen

Im Strahl der Sonne

Nordkorea, eine Kulisse

Das kleine Land im Osten Asiens macht derzeit wieder beunruhigende Schlagzeilen. Doch wissen wir so gut wie nichts über die nordkoreanische Alltagswirklichkeit. Wie leben die Menschen dort? Wodurch ist ihr Leben bestimmt? Ist es dort wirklich so schrecklich, oder sind das mediale Zerrbilder? Auch der Dokumentarfilm IM STRAHL DER SONNE des russisch-ukrainischen Regisseurs Vitaly Mansky ändert nichts an diesem fundamentalen Nichtwissen, denn alles, was er zeigen kann, ist die Kulisse eines Alltags in Nordkorea.

Mit Hilfe des russischen Kulturministeriums erhielt Mansky nach langer Anbahnung eine Drehgenehmigung. Sein Film dokumentiert den Alltag des 8jährigen Mädchens Zin-mi im Jahresverlauf. Protagonisten und Drehbuch waren bis ins Detail von den Behörden vorgegeben. Jede Szene wurde arrangiert und geprobt. Das gedrehte Material mußte jeden Tag dem Zensor vorgelegt werden. Das Filmteam wurde überwacht und konnte kaum einen Schritt ohne Aufpasser tun. Nur aus dem Fenster ihres Hotels heraus gelangen ihnen einige Aufnahmen realen Lebens. Unter diesen Bedingungen einen Dokumentarfilm zu drehen, ist eigentlich unmöglich. Durch einen genialen Trick schlägt Mansky den nordkoreanischen Behörden ein Schnippchen. Er läßt die Kamera einfach vor und nach der eigentlichen Szene laufen und zeigt so die Inszenierung eines Alltags, den es in dieser Form überhaupt nicht gibt. Dieses „illegale Material“ schmuggelte das Filmteam außer Landes.

Die Art der Inszenierung erzählt viel darüber, wie Nordkorea gesehen werden will: Als sozialistischer Musterstaat, dessen Bürger glücklich sind, von ihrem geliebten Führer Kim Jong-un regiert zu werden, der ihnen alle Entscheidungen abnimmt. Alle Menschen vor der Kamera sind bemüht, so gut wie möglich mitzuspielen. Doch wirken sie wie versteinert, selbst die Protagonistin Zin-mi ist nicht unbeschwert. Im Gegenteil, es scheint eine große Last zu sein, ein exemplarisches nordkoreanisches Mädchen darstellen zu müssen.

IM STRAHL DER SONNE ist ein so faszinierendes wie bedrückendes Dokument aus einem Land, das seine Bürger als Leibeigene behandelt. Dagegen war die DDR ein Kindergarten. Regisseur Mansky im Presseheft: „Das ist die wirkliche Tragik der nordkoreanischen Gesellschaft: Die Menschen können sich kein anderes Leben vorstellen! Sie haben keine Ahnung, daß man anderswo besser lebt.“

[ Dörthe Gromes ]