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In The Cut

Sex & Crime à la Jane Campion

Im Garten der alleinstehenden New Yorker Literatur-Professorin Frannie werden die Gliedmaßen einer weiblichen Leiche gefunden. Detective Malloy, ein sehr schnurrbärtiger, seine Männlichkeit drei Meter vor sich hertragender Detective im Burt-Reynolds-70er-Jahre-Revival-Look verhört Frannie deswegen und stutzt. Zum einen, weil ihm diese verhuschte Intellektuelle offenkundig was zu verheimlichen sucht. Zum anderen, weil sie irgendwann zwischen zwei ausweichenden Antworten seiner Brustbehaarung und seinem Chauvi-Charme erliegt. Aus der Virginia-Woolf-Expertin und dem kantigen Cop wird ein - nun ja - experimentierfreudiges Pärchen, und aus dem ersten Mord eine Mordserie, die bald nicht mehr nur bis vor Frannies Haustür führt ...

Wenn es hier nur um das übliche "Wer-zum-Teufel-ist-dieser-verrückte-Killer?" ginge, dann wäre über IN THE CUT zu sagen: handwerklich sauber, aber keine Glanznummer. Doch weil Jane Campion diesen Krimi gemacht hat, und weil man im Mauerblümchen Frannie die typische Campion-Heldin erkennen kann, deren sexuelles Erwachen erzählt wird und deren Verlangen den Film treibt, muß man gerechterweise noch mehr sagen. Zum ersten Mal spielt Meg Ryan hier einen Großstadtsingle, der erst Sex hat und sich dann verliebt. Zum ersten Mal sieht man sie in einem Film Müll wegbringen und schwitzen und masturbieren. In etwa jeder dritten Szene sieht man ihre Brüste. Aber auch darum geht es eigentlich gar nicht. Es geht darum, daß der Film kein Erotik-Thriller ist, aber dafür ein sehr erotischer Thriller. Jane Campion formt die branchenübliche Sex & Crime-Masche auf seinen Ursprung zurück, das antike Konzept von Eros und Thanatos. Malloys und Frannies Geilheit wächst, je mehr sie sich gegenseitig verdächtigen und den Tod spüren. Das New York dieser schräg Liebenden sieht aus, als hätte ein Dogma-Regisseur das Remake von SIEBEN gedreht.

Die Kamera wackelt durch dunkle Nischen, schummrige Appartements, Hinterhöfe, Porno-Clubs, Nacht, Regen - ein trostloses und doch seltsam fiebriges Dickicht der Städte, durchschlurft von Figuren mit kleinen und großen Zivilisationsmacken, die sie real, verdächtig und einsam machen.

Originaltitel: IN THE CUT

USA 2003, 118 min
Verleih: Senator

Genre: Erotik, Thriller

Darsteller: Meg Ryan, Mark Ruffalo, Jennifer Jason Leigh, Kevin Bacon

Regie: Jane Campion

Kinostart: 30.09.04

[ Christian Seichter ]