D 2022, 92 min
FSK 6
Verleih: Filmwelt

Genre: Dokumentation, Biographie

Regie: Reiner Holzemer

Kinostart: 23.03.23

1 Bewertung

Lars Eidinger – Sein oder nicht sein

Ein Mensch, wo er spielt

„Stage Animal“, „Experte fürs Maßlose“ … Die Zuschreibungen, mit denen man Lars Eidinger bedenkt, formen sein Image. Er formt daran mit. Seit zwei Jahrzehnten entäußert sich der Gefühls- und Körperextremist nicht nur auf Theaterbühnen und Filmsets. Als sendungsbewußter Multikünstler avancierte er zur Reizfigur, die mit jedem Mode- oder Rede-Statement den unterstellten Star-Narzißmus zu bestätigen scheint. Der Mann ist den einen zu viel und den anderen nie genug er selbst. Solche Widersprüche gehören zum Job, wie dieses Filmdokument nahelegt. Es zeigt einen Homo ludens beim tätigen Wirken. Noch so ein Widerspruch.

Die Proben zum „Jedermann“ 2021, dem mit Eidinger neu aufgelegten Schauspiel-Markenkern der Salzburger Festspiele, bilden das Zentrum einer Persönlichkeitsumkreisung. Von Ausflügen zu prägenden Ostermeier-Inszenierungen an der Schaubühne Berlin, von Abstechern zu Bewunderinnen wie Isabelle Huppert und Juliette Binoche kehrt der versierte Dokumentarporträtist Reiner Holzemer stets hierher zurück. Die Bühnenschuhe sind Eidinger wichtig, die Schokoladenseite beim Fototermin, die ungebrochene Aufmerksamkeit aller, immer. Wenn er nämlich spielt, wird er nicht etwa ein anderer, sondern er selbst, der Eidinger. Und zwar nur dann, wenn ihm jemand beim Werden zuschaut, beteuert er. Leicht könnte man sein Credo für Koketterie halten, für anmaßend, vielleicht sogar anmaßend banal. In diesem Film aber bekommt es auf raffinierte Weise existentielles Gewicht. Denn Holzemer begegnet Eidinger affirmativ, konzentriert, ganz Auge, ganz Ohr – als gelte es, dem Mimen das Leben zu retten. Für ewig.

[ Sylvia Görke ]