Originaltitel: THE HUNDRED-FOOT JOURNEY

USA 2014, 117 min
FSK 0
Verleih: Constantin

Genre: Komödie, Poesie

Darsteller: Helen Mirren, Om Puri, Manish Dayal, Charlotte Le Bon

Regie: Lasse Hallström

Kinostart: 21.08.14

1 Bewertung

Madame Mallory und der Duft von Curry

Vom Streiten und Schlichten, vom Sträuben und Lieben

So viel vorab: Dies ist einer der Filme, die man nicht hungrig schauen sollte. Mit offenem Herzen hingegen schon, denn da gehören sie rein, die Figuren dieser schönen, märchenhaften Geschichte: der träumerische Hassan, dessen sturer Vater Papa, die glutäugige Marguerite und die – zumindest anfänglich – schon recht hinterfotzige Titelfigur. Doch der Reihe nach.

Hassan muß sich erklären, wie er es als Inder in London schaffen will, als Koch ohne Papiere: „Meine Schule war unser Familienrestaurant in Mumbai!“ Von Mama bekam er alle Raffinesse, zahlreiche Geheimnisse und manche Zauberei der heimischen Küche gelehrt, bald verstand er es perfekt, wie man mit Kardamom, Tanduri Masala und Amchoor pure Glückseligkeit zaubert. Bei einem Überfall durch Aufständische verliert Hassan seine Mama, der Familie bleibt nur die Flucht. Da es sich überall besser als Heathrow zu Füßen lebt, wird der alte Ford Transit wieder gepackt, und dann geschieht das, was geschehen muß: Brakes Break For A Reason. Und da Gott bisweilen ein gerechter Knilch ist, geschieht die Autopanne in Südwestfrankreich, in Saint Antonin Noble Val: pittoreske Häuser, Brücken, Flüßchen und morgens das nebeldampfende Tal. Marguerite ist schnell vor Ort, und nicht nur die Blicke zwischen der jungen Köchin und dem vorerst etwas schüchternen Hassan schwätzen ein wenig von der Zukunft, nein, als Papa im Ort ein verfallenes Haus „À vendre“ entdeckt, sind die Weichen gestellt. Und da noch jedes Märchen vor dem „Ende gut, alles gut“ einen Widersacher zur schönen Reibung braucht, findet die strenge Madame Mallory die Idee eben nicht so schick, daß genau gegenüber ihrem Edelrestaurant das wesentlich buntere, lautere, grellere Maison Mumbai eröffnen soll.

Herrlich, was jetzt hier losgetreten wird – ein handfester, bisweilen boshafter Krieg übern Gartenzaun! Madame intrigiert, kauft den Markt aufs Gehässigste leer, beschwert sich über Lärm und Geruch. Doch Papa kam nicht vom Ganges an die Bonnette, um klein beizugeben. Richten muß es am Ende doch Hassan, dessen Künste am Herd der stolzen Mme Mallory nicht verborgen bleiben. Außerdem ist es nicht zu viel verraten, daß sich Marguerite, Sous-Chefin im Sternehaus, ihren Spruch gen Hassan „Wir sind jetzt Feinde“ noch einmal durchdenken wird ...

Lasse Hallströms Film schwärmt von den Genüssen, und wie hier mit Gewürzen, Zutaten, guten Weinen und verstaubten Kochbüchern hantiert wird, läßt einem umweglos das Wasser im Munde zusammenlaufen. Doch für einen Film wäre dies zu wenig: So wird vom Kampf der Kulturen erzählt, charmant, witzig bis nachdenklich, von der Liebe auch, die eben durch den Magen geht, von der Verbitterung, die das Leben einem manchmal anpappen will, von der Fünf-Heiligkeit der französischen Saucen und von der großen Sinnlosigkeit allen Neides, Hasses, Starrsinns und aller Angst und Gier. Klar, das ist schon der Blick auf eine idealistische Welt, aber das darf ein Märchen auch.

Wer nicht mehr träumen mag, dem schmeckt auch das Leben kaum, könnte die Botschaft sein in einem Film, der sich ansonsten nicht aufschwingt zu richten und zu missionieren. Vielmehr versteht er sich als sanfter Vermittler milder Weisheiten, zu denen gehört, daß Essen Erinnerung ist, und daß ein raffiniertes Menü und ein überfälliger Tanz noch immer die schönsten Versöhnungsmannöver sind. Noch dazu, wenn der gute alte Charles sein „Hier encore“ anstimmt ...

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.