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Medianeras

Die fabelhafte Welt der Mariana

Dies ist die Geschichte von Mariana und Martin. Sie leben in der Drei-Millionen-Stadt Buenos Aires und kennen sich nicht. Noch nicht. Doch der Film macht auf sehr unterhaltsame Art schnell klar, daß sie füreinander bestimmt sind. Leider laufen ihre Leben wie zwei Parallelen nebeneinander her. Martin ist das Paradebeispiel des Großstadtmenschen: Er ist jung, verdient sein Geld mit der Gestaltung von Internetseiten und leidet unter gleich mehreren Phobien. Doch er ist ein lieber Kerl, der versucht, aus seiner Einsamkeit und dem Einzimmerapartment herauszukommen, seit seine Freundin ihn verlassen hat. Und so wünscht man ihm von Anfang an nur das Beste. Mariana zum Beispiel. Die wohnt ebenfalls in einem solchen Schuhkarton, wie diese winzigen Wohnungen genannt werden. Auch sie hat gerade eine Beziehung hinter sich und verbringt ihre einsamen Abende damit, den Ex aus den Erinnerungsfotos auf dem PC herauszuretuschieren.

Gekonnt und mit nicht nur einem Augenzwinkern inszeniert der Argentinier Gustavo Taretto die Geschichte vom Suchen und Finden der großen Liebe in einer Millionenmetropole als fröhlich melancholisches Suchspiel. Und das Aha-Erlebnis kommt, wenn Martin vor dem Verlassen seiner Wohnung drei DVDs von Jacques Tati in seinen Überlebensrucksack packt, oder die beiden noch immer nicht Zusammengefundenen gleichzeitig einen Woody-Allen-Film im Fernsehen schauen. Die filmischen Vorbilder sind deutlich, aber mit eigener Handschrift Tarettos, in die Inszenierung eingegangen. Und so zaubert einem jede Szene ein Schmunzeln ins Gesicht, weil die Charaktere, ihre Macken und ihre Geschichten so absurd und doch so real erscheinen, als hätte man sie selbst erlebt.

Die Architektin Mariana, die früher Führungen in den größten Hochhäusern der Stadt gegeben hat, kann inzwischen nicht mal mehr eine Verabredung einhalten, weil das Restaurant, in dem der Verehrer wartet, im 20. Stockwerk liegt, und Mariana aufgrund ihrer Höhenangst keinen Fahrstuhl mehr benutzt. Geschickt eingeführt ist auch ein Teil der Filmmusik, die von einem Klavier kommt, das in Marianas Nebenwohnung geliefert wurde, und das nun immer genau die passende Melodie zu ihrer Stimmung spielt, was sie irgendwann zum Wahnsinn treibt.

Am Ende wird, natürlich, alles gut, und man möchte den Film direkt noch einmal von Anfang sehen, um all die Elemente, von Fotografie bis Animation, zu genießen.

Originaltitel: MEDIANERAS

Argentinien/Spanien/D 2011, 95 min
FSK 6
Verleih: Real Fiction

Genre: Liebe, Poesie

Darsteller: Pilar López de Ayala, Javier Drolas

Stab:
Regie: Gustavo Taretto
Drehbuch: Gustavo Taretto

Kinostart: 03.05.12

[ Marcel Ahrenholz ] Marcel mag Filme, die sich nicht blind an Regeln halten und mit Leidenschaft zum Medium hergestellt werden. Zu seinen großen Helden zählen deshalb vor allem Ingmar Bergman, Andrej Tarkowskij, Michelangelo Antonioni, Claude Sautet, Krzysztof Kieslowski, Alain Resnais. Aber auch Bela Tarr, Theo Angelopoulos, Darren Aronofsky, Francois Ozon, Jim Jarmusch, Christopher Nolan, Jonathan Glazer, Jane Campion, Gus van Sant und A.G. Innaritu. Und, er findet Chaplin genauso gut wie Keaton ...